Kassen lassen prämiertes Behandlungsprojekt links liegen

NEU-ISENBURG (ric). Kreuzfidel war Dr. Armin Mainz, Hausarzt im hessischen Korbach, als ihm Ende des vergangenen Jahres die Nachricht des VdAK ins Haus flatterte: Für das von ihm initiierte Projekt "Kreuzfidel - Gemeinsam gegen Rückenschmerzen" wurde er vom Ersatzkassenverband mit einem Preis für hervorragende Konzepte in der Integrierten Versorgung ausgezeichnet.

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Mittlerweile ist jedoch bei dem 46jährigen und seinen Mitstreitern eine gewisse Ernüchterung eingetreten. Bislang hat sich noch keine Krankenkasse gefunden, die das Projekt unterstützen will. Die 1000 Euro Preisgeld reichen nicht mal für die Anschubfinanzierung.

"Die Krankenkassen verhalten sich abwartend, denn sie haben derzeit viele Angebote für Projekte der Integrierten Versorgung. Das kann ich in gewisser Weise auch verstehen", so Mainz. Er ist der Ansicht, daß die Kassen eher Interesse an flächendeckenden IV-Verträgen als an regionalen Lösungen haben. "Andererseits können die Kostenträger auch nicht erwarten, daß wir als Niedergelassene jetzt hier in Vorleistung treten. Wenn wir ein solches Konzept anbieten, muß auch die Honorierung stimmen."

Wie sieht das Konzept aus? "Die Versorgung von Patienten mit Rückenleiden ist suboptimal. Es gibt bislang keine umfassende, koordinierende medizinische Versorgung auf der Grundlage von Leitlinien. Diese Situation wollen wir mit dem Projekt beenden, indem wir alle Beteiligten an einen Tisch bringen. Alle, das heißt, niedergelassene Ärzte verschiedener Fachrichtungen, eine Psychotherapeutin, eine Krankengymnastin, eine Übungsleiterin, einen Patientensprecher und einen Kassen-Vertreter." Grundlage soll die Leitlinie "Kreuzschmerzen" der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin e.V. sein.

"Unsere Kernelemente sind der zügige Einsatz von Aktivierungsprogrammen (Krankengymnastik, Sportgruppe) durch den koordinierenden Hausarzt, weitgehender Verzicht auf Röntgen und eine gemeinsame Entscheidung, ob eine OP erforderlich ist oder nicht", erklärt Mainz. Die Anschubfinanzierung für das Projekt beziffert er mit rund 2000 Euro, hinzu kommen die laufenden Kosten etwa für Organisation, Fallkonferenzen, Sprecher-Konferenzen oder Krankengymnastik. Einsparpotential sieht er unter anderem durch Vermeidung von Doppeluntersuchungen, Medikamentenverordnungen und stationären Einweisungen.

Andreas Bethke, Geschäftsstellenleiter der Barmer Ersatzkasse (BEK) in Korbach, findet das Projekt unterstützenswert, hat bislang jedoch kein grünes Licht von der Hauptverwaltung. Grund: Das Barmer-Projekt "Pro Integra Med" hat gerade selbst ein Konzept zur Integrierten Versorgung "Akuter Rücken" entwickelt, das in diesem Jahr modellhaft getestet werden soll - in Bochum. Neben Fachärzten sollen auch die Hausärzte in der Modellregion mit eingebunden werden. "Unser Konzept zielt zunächst auf die akute Situation ab, während das Korbacher Modell mehr rehabilitativen Charakter hat", so Projektmitarbeiter Jens Krug.

Die Barmer ist nicht die einzige Kasse, die IV-Konzepte für den Rücken entwickelt: Seit Beginn des Jahres läuft in Baden-Württemberg ein mehrere Millionen Euro schweres Rückenprogramm der AOK, beteiligt ist auch der Hausärzteverband des Landes.

In Berlin planen die BKK Betriebskrankenkasse Verkehrsbauunion und das Berliner Rückenzentrum, ihren Einzelvertrag zur Rückenschmerz-Behandlung längerfristig in Richtung Integrierte Versorgung niedergelassenen Ärzten und Krankenhäuser zu erweitern. Und in Korbach? Armin Mainz ist ungebeugt: "Ich bin zuversichtlich, daß wir es irgendwann noch schaffen mit unserem Projekt." Erste Anfragen von Ärztehäusern hat er bereits bekommen.

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