Jeder vierte Erwachsene in Deutschland hat Arthrose

NEU-ISENBURG (ner). Jeder vierte Erwachsene in Deutschland hat eine Osteoarthrose, so das Ergebnis der ersten repräsentativen Querschnittsstudie in Deutschland dazu. Bei der Ursachensuche erlebten die Autoren des Gesundheitssurveys einige Überraschungen.

Veröffentlicht:

Bislang gab es keine sicheren Informationen zur Arthrose-Prävalenz in der Bundesrepublik Deutschland, und man mußte auf niederländische Daten zurückgreifen. Das hat sich nun geändert.

Vier mobile Ärzteteams haben zwischen Oktober 1997 und März 1999 mehr als 7000 Personen zwischen 18 und 79 Jahren befragt und untersucht. Davon konnten schließlich 6205 Datensätze ausgewertet werden. Die Erhebung erfolgte durch das Robert-Koch-Institut in Berlin.

Demnach beträgt die Prävalenz der Arthrose in mindestens einer Gelenkregion insgesamt 28 Prozent. Von den unter 30jährigen Bürgern sei nur jeder zwanzigste an Arthrose erkrankt, bei den über 60jährigen ist es schon jeder zweite, berichten Dr. Sven Schneider von der Stiftung Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg und seine Kollegen in der Zeitschrift "Der Orthopäde" (34, 2005, 782).

Die Untersuchung hat Erstaunliches erbracht

Die Autoren der Studie haben versucht, Korrelationen zwischen Arthrose-Häufigkeit sowie systemischen, lokal-biochemischen sowie sozialen Faktoren herzustellen. Dabei kam außer Bekanntem auch Erstaunliches zutage.

So scheinen Konsum- und Ernährungsmuster wie Rauchen und Eßgewohnheiten über ihren Einfluß auf das Körpergewicht hinaus keine Bedeutung für das Entstehen einer Arthrose zu haben. Über relativ geringe Arthroseraten bei Rauchern sei schon häufig berichtet worden, so Schneider.

Plausible Erklärungen gebe es jedoch nicht. Eine mögliche Erklärung dafür sei: Regelmäßiges Tabakrauchen regt den Stoffwechsel an, mindert den Appetit. Die Folge ist ein signifikant geringerer BMI als bei Nichtrauchern.

Ähnliches trifft auf Ernährungsgewohnheiten zu. So hat der Alkoholkonsum offenbar keinen Einfluß auf die Arthrose-Entstehung. Personen mit gesunder Ernährung haben sogar signifikant öfter eine Arthrose als Leute, die sich ungesund ernähren. Andererseits wuchs mit steigendem BMI auch linear die Arthrose-Prävalenz.

Oft haben die Patienten zusätzlich eine Osteoporose

Aus klinischer Sicht bedeutsam ist, daß zwei von drei Arthrose-Patienten zusätzlich eine Osteoporose haben. Zudem existiert eine Koinzidenz mit Hypertonie und erhöhten Blutfett-Werten. Erstmals sind in einer Studie auch Korrelationen zu Schilddrüsenerkrankungen und chronisch verlaufenden Bronchialerkrankungen beschrieben worden. Es lohnt sich also, im Einzelfall bei Vorliegen einer dieser Faktoren nach jeweils anderen zu suchen. Ein kausaler Zusammenhang sei jedoch nicht belegt, betonen die Autoren.

Der populäre Spruch "Sport ist Mord" wird mit den Ergebnissen des Gesundheitssurvey nun auch bei der Arthrose widerlegt. Wer keinen Sport treibt, hat signifikant häufiger einen Gelenkschaden als jemand, der sich regelmäßig, am besten zwei bis vier Stunden pro Woche oder mehr, sportlich betätigt.

Wenig überraschend ist der Befund, daß der Anteil an Menschen mit Arthrose bei Arbeitern, Landwirten und Selbständigen in handwerklichen Kleinbetrieben größer ist als bei Angestellten und Beamten. Vor allem Fehlbeanspruchungen der Beine, schweres Heben mit gebeugten Knien sowie lang andauernde kniende Tätigkeit sind Gift für Hüft- und Kniegelenke.

Fast ebenso häufig wie Schmerzen in Hüft- und Kniegelenken wird von den Patienten aber auch über Schmerzen in den Fingergelenken berichtet. Dies stützt die These, daß es nicht nur mechanische, sondern auch metabolische Gründe für das Entstehen einer Osteoarthrose gibt. Bei Frauen kommen noch hormonelle Faktoren hinzu.

So haben Frauen in der Menopause viel öfter als Männer eine Arthrose. Bis zu einem Alter von 60 Jahren ist die Arthrose-Rate bei Männern höher. In höherem Alter kehrt sich dann das geschlechterspezifische Phänomen um.



FAZIT

Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gibt es nun repräsentative Querschnittsdaten zur Prävalenz der Osteoarthrose. Nach Ansicht von Dr. Sven Schneider und seinen Kollegen von der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg unterstreichen sie, wie wichtig verhaltenspräventive Maßnahmen sind, zumal es keine kausale Behandlung gibt. zu den präventiven Maßnahmen gehören Gewichtsstabilisierung, eine gelenkschonende Arbeitsplatzgestaltung und orthopädisch optimierte Bewegungsabläufe.

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Metaanalyse

Schützen Biologika bei Rheuma vor Demenz?

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Aktuelle Forschung

Das sind die Themen beim Deutschen Parkinsonkongress

Lesetipps
Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert