Lebensdauer

Wie viel Sport verträgt die neue Hüfte?

Eine Hüftprothese ist bekanntlich kein Grund, auf Sport zu verzichten. Doch wie sieht es bei High-Impact-Sportarten wie Tennis oder Skifahren? Und gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen, was den Endoprothesenverschleiß betrifft? Das wurde in einer neuen Studie untersucht.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:

MARSEILLE. Die bange Frage von Sportlern vor einer Hüftoperation lautet oft: Werde ich danach noch trainieren können, und wie belastbar wird meine Prothese sein? Dem gingen jetzt Wissenschaftler um Dr. Matthieu Ollivier vom Hospital Sainte-Marguerite der Universität Marseille nach.

Sie haben bei insgesamt 210 Patienten zwischen 18 und 75 Jahren nach der Endoprothesen-Op mindestens zehn Jahre (durchschnittlich elf Jahre) lang Daten erhoben und dokumentiert. Die Datenerhebung fand zwischen September 1995 und Ende 2000 statt.

Alle Patienten hatten eine zementfrei verankerte Hüftendoprothese mit Keramikkopf und einem Titan-Acetabulum mit ultrahochmolekularem Polyethylen erhalten (Clin Orthop Relat Res 2012; 470: 3060-3066).

70 Patienten gingen auch postoperativ ihrem Training in gelenkstrapazierenden Sportarten wie Joggen, Fußball, Kampfsport, Tennis oder Skifahren nach. Ihre Daten verglichen die Wissenschaftler mit 140 Hüftoperierten mit geringem sportlichen Aktivitätslevel.

Harris Hip Score

Der Harris Hip Score berücksichtigt vier Dimensionen der Hüftfunktion: Schmerzen, Funktion, Fehlstellung und Beweglichkeit. 100 Score-Punkte bedeutet: keine Schmerzen, optimale Funktion (dazu gehört: kein Hinken, keine Gehhilfen, Treppensteigen leicht möglich, Schuhe und Socken anziehen leicht möglich, Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln möglich), keine Fehlstellung, totale Beweglichkeit.

Die Funktionsfähigkeit wurde nach dem Harris Hip Score (HHS: , 70 = schlecht; maximal 100 = hervorragend) bewertet, die Lebensqualität mit dem Hip Osteoarthritis Outcome Score (HOOS: 0 bis 100 als bestes Ergebnis). Zudem wurden die Verschleißrate sowie die Zeit bis zum mechanischen Versagen der Prothese oder die Notwendigkeit einer Revisionsoperation evaluiert.

Der mittlere HHS besserte sich bei stärker beanspruchten Gelenken nach der Operation um 34 Score-Punkte (von 54 auf 88), wohingegen er in der Gruppe der gering sportlich Aktiven nur um 14 Punkte (von 55 auf 69) stieg. Auch der HOOS fiel bei den Sportlichen nach der Op in drei von fünf Subskalen besser aus, und zwar hinsichtlich der Symptome, der Alltagsaktivitäten und der Beschwerden bei Sport- und Freizeitaktivitäten.

Sportarten mit High- oder Low-Impact

High-Impact Sport: Dazu gehören Basketball, Fußball, Jogging, Hockey, Karate und Tennisspielen

Low-Impact Sport: Beispiele sind Fahrradfahren, Golfspielen, Schwimmen und Gymnastik

High- und Low-Impact-Sportarten grenzen sich grob dadurch ab, dass bei High-Impact ("hohe Belastung") kurzzeitig immer beide Füße den Bodenkontakt verlieren. Bei Low-Impact-Sportarten behält dagegen immer ein Fuß Bodenkontakt.

Vergleichbare Werte ergaben sich innerhalb der beiden Gruppen beim Schmerz und bei der Lebensqualität. Auch bei der Dislokationsrate fanden sich keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.

Unterschiede beim Verschleiß

Allerdings zeigte sich bei Personen mit gelenkbelastenden Sportarten, und besonders bei den Männern höhere Verschleißraten nach zehn bis fünfzehn Jahren.

Der mittlere Polyethylenabrieb lag bei 1,62 mm und der lineare Verschleiß bei 0,14 mm/Jahr im Vergleich zu 0,74 mm und 0,06 mm/Jahr bei sportlich weniger aktiven Personen. Auch die Lebensdauer der Prothesen war durch die höhere Belastung verkürzt (nach 15 Jahren 80 Prozent versus 93,5 Prozent).

Letztlich war der Preis für gelenkbelastende Aktivität ein 3,6-faches Risiko für ein mechanisches Versagen der Prothese. Dessen sollten sich Ärzte und Patienten bewusst sein, so die französischen Forscher.

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