Gelenkersatz

Knie-Op bringt Verbesserungen

Zum Kniegelenkersatz liegt jetzt erstmals eine qualitativ hochwertige Vergleichsstudie vor: Darin führte die Knie-TEP, gefolgt von einem konservativen Therapieprogramm, zu besseren Ergebnissen als nicht-chirurgische Maßnahmen allein. Aber auch wer sich rein konservativ behandeln ließ, profitierte deutlich.

Von Dr. Elke Oberhofer Veröffentlicht:
Ein Knieersatz kann helfen, die eingeschränkte Lebensführung wieder zu erleichtern.

Ein Knieersatz kann helfen, die eingeschränkte Lebensführung wieder zu erleichtern.

© photos.com

ODENSE. Etwa 158.000-mal pro Jahr wird in Deutschland ein Kunstknie implantiert. Die Evidenz für den Nutzen der Knie-TEP als Ultima Ratio bei fortgeschrittener Gonarthrose war bislang mäßig; so gab es keine guten Daten dazu, ob die Knie-Op besser in der Lage ist, Schmerzen zu lindern und die Funktionalität zu steigern, als ein strikt konservatives Vorgehen.

Nun liegt die erste randomisierte kontrollierte Studie zum Thema vor (NEJM 2015; online 22. Oktober). Darin verglichen die Forscher um S¢ren T. Skou von der University of Southern Denmark in Odense zwei Strategien: Zum einen die Op mit Knie-TEP gefolgt von einem Paket aus konservativen Maßnahmen, zum anderen nicht-chirurgische Maßnahmen allein.

Das konservative Paket enthielt: ein professionell angeleitetes Training zweimal wöchentlich über zwölf Wochen, Patientenberatung, ein zwölfwöchiges Programm zur Gewichtsreduktion, individuell angepasste Einlagen sowie Schmerzmedikamente (Paracetamol und Ibuprofen) nach ärztlichem Ermessen.

Studie mit 100 Teilnehmern

Die insgesamt 100 Teilnehmer - alle litten an einer radiologisch nachgewiesenen Gonarthrose mit einem Kellgren-Lawrence-Grad von mindestens 2 - wurden einer der beiden Gruppen zugelost.

Nach zwölf Monaten wurde ausgewertet. Ergebnis: Beim primären Endpunkt, der Veränderung im KOOS (Knee Injury and Osteoarthritis Outcome Score) im Vergleich zur Ausgangssituation, lag die Gruppe mit Kniegelenkersatz klar vorn.

Bei den Kriterien, die hier getestet wurden - Schmerzen, allgemeine Symptomatik, Alltagsaktivitäten und Lebensqualität - schnitten die operierten Patienten insgesamt signifikant besser ab.

Der Unterschied in der Intention-totreat-Analyse, in der alle 100 Patienten berücksichtigt wurden, betrug 15,8 Punkte; dabei hatte sich die Op-Gruppe gegenüber dem Ausgangswert im Mittel um 32,5, die konservativ behandelte Gruppe um 16,0 Punkte auf der 100-Punkte-Skala verbessert.

Deutlich im Vorteil waren die TEP-Patienten auch hinsichtlich weiterer Endpunkte wie Teilnahme an Freizeit- und sportlichen Aktivitäten, Timed-up-and-go-Test (die Zeit, die ein Patient benötigt, um aus dem Sitzen aufzustehen und drei Meter zu gehen), 20-m-Gehtest und selbstberichtete Gesundheit (gemessen mit dem EQ-5D).

13 der 50 Patienten, die der konservativen Gruppe zugelost waren, hatten sich im Laufe eines Jahres doch noch zu einer Knie-TEP entschlossen. Umgekehrt war ein Patient der Op-Gruppe nach der Randomisierung in die konservative Gruppe gewechselt.

Für die Endauswertung standen letztlich 49 Patienten der ursprünglichen konservativen Gruppe und 46 der ursprünglichen Op-Gruppe zur Verfügung. Auch unter Berücksichtigung dieser Zahlen (Per-Protocol-Analyse) blieb der Unterschied zwischen den Gruppen signifikant.

Höhere Rate schwerer Nebenwirkungen

Auf den entscheidenden Nachteil des chirurgischen Eingriffs weisen die Autoren besonders hin: die deutlich höhere Rate schwerer Nebenwirkungen.

Nach der Knie-TEP entwickelten drei Patienten eine tiefe Beinvenenthrombose, bei weiteren drei war das Knie so steif geworden, dass ein Brisement forcé angewendet werden musste. Ein Patient brach sich nach der Op den Oberschenkel oberhalb des Kondylus und einer erlitt eine tiefe Wundinfektion.

Abgesehen davon kam es in 16 Fällen zu Beschwerden in anderen Körperregionen. Einer Gesamtzahl von 24 unerwünschten Ereignissen in der Op-Gruppe standen sechs in der konservativen Gruppe gegenüber.

Für die Studienautoren ist es entscheidend, das Für und Wider des Eingriffs sorgfältig abzuwägen und den Patienten nach entsprechender Aufklärung in die Entscheidung einzubeziehen.

Die Studie habe gezeigt, dass beide Strategien, das kombinierte wie auch das rein konservative Vorgehen, zu klinisch relevanten Verbesserungen führen (in 85 beziehungsweise 68 Prozent) und die Mehrzahl der konservativ behandelten Teilnehmer zumindest mittelfristig ohne Knie-TEP auskommen würde.

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