Muskeldystrophie - Kinder mit Op sind länger gehfähig

ULM (ner). Sind chirurgische Maßnahmen zum Erhalt der Gehfähigkeit von Kindern mit Muskeldystrophien sinnvoll? Kinderorthopäden haben den Vorwurf entkräftet, die Dauer der Gehfähigkeit werde mit der Operation sogar verkürzt.

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64 Jungen mit Muskeldystrophie vom Duchenne-Typ haben Dr. Susanne Lebek und ihre Kollegen von der Berliner Charité retrospektiv untersucht. 31 waren operiert worden, 33 bildeten die Kontrollgruppe, berichtete Lebek bei einem Symposion in Ulm. Die Kinder hatten im Schnitt mit 16 bis 18 Monaten zu laufen begonnen. Ein Drittel in beiden Gruppen bekam Steroide, die den Kraftverlust verzögern und die Gehfähigkeit möglichst lange erhalten sollen. Etwa jeder dritte Junge hatte wegen Skoliosen bereits Spondylodesen.

Die Jungen der Op-Gruppe waren meist zwischen acht und zehn Jahren operiert worden. Etabliert ist die Operation nach Ridaud, bei der unter anderem die Kniebeuger, die Fußdorsalflexoren sowie die Hüftabduktoren aponeurotisch verlängert werden. Allerdings stellten die Forscher fest, "dass nicht alles, was Ridaud genannt wird, auch Ridaud ist".

Der Eingriff erhielt die Gehfähigkeit zwei Jahre länger.

Kinder mit "echter" Ridaud-Operation verloren ihre Gehfähigkeit durchschnittlich mit elf Jahren, Kinder ohne Operation bereits mit neun Jahren - ein signifikanter Unterschied. Dagegen waren Kinder mit anderen Operationen mit 8,5 Jahren gehunfähig.

Lebek empfahl, sich bei der Indikationsstellung zur Ridaud-Operation streng an etablierte Kriterien zu halten. So soll die Bewegungseinschränkung der unteren Extremitäten gerade erst begonnen haben und das Kraftniveau noch 70 Prozent betragen. Die Aufstehzeit aus der Rückenlage sollte unter fünf Sekunden liegen. Zu klären sei, ob die frühe Ridaud-Operation die Skoliose-Entwicklung verzögern könne.

Privatdozent Ralf Stücker aus Hamburg bezweifelte bei der Veranstaltung den Sinn der Operation. In Kanada seien bei Duchenne-Patienten sehr gute Erfolge mit früher Kortison-Therapie erzielt worden. Allerdings wurden diese Resultate in zwei deutschen Studien nicht nachvollzogen.

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