Meniskusruptur

Nutzlose Op bei Degeneration

Der Griff zum Skalpell ist bei Kniegelenkbeschwerden oft überflüssig. Zumindest eine partielle Meniskektomie bei Verdacht auf einen degenerativen Meniskusriss können sich Ärzte nach Daten einer aktuellen Studie sparen.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Der Name "Meniskus" leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet Möndchen.

Der Name "Meniskus" leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet Möndchen.

© Springer Verlag

TAMPERE. Haben Patienten Kniegelenkschmerzen, die auf eine verschleißbedingte Meniskusruptur deuten, wird heute oft eine arthroskopische Meniskus-Teilresektion vorgeschlagen, um die gerissenen Teile zu entfernen, den verbleibenden Knorpel zu stabilisieren und ein weiteres Einreißen zu verhindern. Inzwischen wird viel diskutiert, wie groß der Nutzen eines solchen Eingriffs tatsächlich ist.

In einer kontrollierten Studie führte die Teilresektion bei Patienten mit Meniskusruptur und Kniegelenksarthrose zu keiner besseren Schmerzreduktion als eine alleinige physikalische Therapie, berichten Orthopäden von der Hatanpää-Klinik in Tampere in Finnland (NEJM 2013; 369: 2515-24).

In einer randomisiert-kontrollierten Studie mit 146 Patienten haben die finnischen Ärzte nun geprüft, ob wenigsten Patienten mit Verdacht auf verschleißbedingten Meniskusriss, die keine Zeichen einer Gelenkarthrose aufweisen, von der Teilresektion profitieren. Bei solchen Patienten wäre noch am ehesten ein Nutzen zu erwarten.

Ausgewählt für die Studie wurden Patienten im Alter von 35 bis 65 Jahren mit klinischen Zeichen eines Meniskusrisses sowie Knieschmerzen, die seit mindestens drei Monaten bestanden und unter einer konservativen Therapie nicht zurückgingen.

Ausgeschlossen wurden Patienten mit traumatischen Rupturen und bekannter Kniegelenksarthrose. Alle Patienten erhielten eine Arthroskopie, um das Ausmaß der Schäden zu untersuchen. Während der Prozedur öffnete der Chirurg einen Umschlag, in dem er entweder eine Anweisung zur Teilresektion bei einer Ruptur fand (70 Patienten) oder aber die Anweisung, eine solche nur vorzutäuschen (Scheinoperation, 76 Patienten).

Keine Unterschiede bei Schmerzen

Primäre Endpunkte waren die Stärke der Knieschmerzen nach einer Übung ein Jahr später sowie die Werte auf diversen Knie- und Lebensqualitätsskalen.

Wie die Studienautoren feststellten, gab es zwölf Monate nach der Operation keine signifikanten Unterschiede bei den primären Endpunkten. Auf einer Knieschmerzskala von 0-10 Punkten war die Schmerzintensität nach einer Knieübung in beiden Gruppen von zu Beginn 6 Punkten auf 3 Punkte zurückgegangen.

Auch die Wert auf der validierten Lysholm-Knieskala waren in beiden Gruppen über den Studienverlauf hinweg praktisch identisch: Sie stiegen von zu Beginn 60 auf etwa 80 Punkte an, wobei ein höherer Wert ein besseres Ergebnis anzeigt.

Die Skala bewertet nicht nur Schmerzen, sondern auch Missempfindungen, Schwellungen und die Alltagsfunktion der Patienten. Auch bei der Meniskus-spezifischen WOMET-Lebensqualitätsskala gab es nach einem Jahr keine Unterschiede zwischen Patienten mit Teilresektion und solchen mit Scheinoperation.

"Die Studienergebnisse sprechen gegen die übliche Praxis, bei Patienten mit degenerativem Meniskusriss eine Teilresektion vorzunehmen", schließen die Orthopäden um Sihvonen. Mehr noch: Möglicherweise schadet die Prozedur den Patienten.

So gebe es Hinweise aus Studien, dass auch eine Teilresektion eine Kniegelenksarthrose beschleunigt. Solche Folgen müssten nun in Langzeitbeobachtungen überprüft werden.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Nutzlose Meniskus-Op?

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