Meniskektomie

Helfen Stammzellen mehr als nur gegen Schmerzen?

Bei manchen Patienten mit einer partiellen Meniskektomie lassen sich durch intraartikuläre Injektion autologer mesenchymaler Stammzellen Schmerzen lindern und eine Geweberegeneration anregen. Hinweise auf diesen klinischen Nutzen liefert jetzt die erste randomisierte kontrollierte Studie dazu.

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LOS ANGELES. Die Regenerative Medizin setzt immer mehr auch auf mesenchymale Stammzellen, die sich aus dem Knochenmark isolieren lassen, statt etwa nach einer Meniskektomie allogene Meniskustransplantate zu verwenden, bei denen die Versagerquote nach zehn Jahren bei etwa 30 Prozent liegt.

Zumindest in Tierversuchen konnten Wissenschaftler in der Folge zeigen, dass sich solche Stammzellen nach Injektion ins Kniegelenk an geschädigtes Meniskusgewebe anlagern und dessen Regeneration vorantreiben, ohne immunologische Reaktionen auszulösen.

Solche Stammzellen haben die Fähigkeit, sich in Bindegewebe zu verwandeln - in Knochen, Knorpel, Sehnen, Bänder und Fettgewebe.

US-Orthopäden um Dr. C. Thomas Vangsness Jr. von der Keck School of Medicine in Los Angeles prüften nun erstmals in einer Doppelblindstudie, wie sicher eine Injektion nach einer Beckenkammbiopsie gewonnener allogener Stammzellen ist, wie gut sich das geschädigte Meniskusgewebe nach der Injektion regeneriert und ob Schmerzen gelindert werden (J Bone Joint Surg Am 2014; 96: 90-8).

Insgesamt 55 Patienten an sieben klinischen Zentren nahmen an der Studie teil. Bei allen waren vor der Injektion mindestens 50 Prozent des medialen Meniskus entfernt worden. Der exzidierte Teil musste mindestens die Hälfte des posterioren Anteils enthalten.

Jeweils 18 Patienten wurden innerhalb von einer Woche nach der partiellen Meniskektomie einmalig 50 beziehungsweise 150 Millionen allogene mesenchymale Stammzellen als Bolus seitlich suprapatellar in den Schleimbeutel injiziert, und zwar jeweils 5 ml Flüssigkeit, die zudem Hyaluronsäure, Albumin und die Elektrolytlösung PlasmaLyte enthielt. Die Stammzellpräparate hatten Wissenschaftler des US-Unternehmens Osiris hergestellt.

Die 19 Patienten der Kontrollgruppe erhielten nur Hyaluronsäure in derselben Flüssigkeitsmenge ohne Stammzellen.

Erfolg der Therapie wurde zu vier Zeitpunkten überprüft

Der Erfolg der Behandlung wurde nach sechs Wochen, sechs Monaten sowie nach einem Jahr und nach zwei Jahren überprüft. Die Schmerzlinderung wurde mithilfe der visuellen Analogskala (VAS, 100 mm) und die Veränderung des Meniskusvolumens mithilfe von MRT-Untersuchungen ermittelt.

Nach Angaben von Vangsness kam es - auch nach zwei Jahren - - bei keinem Patienten zu einer ektopen Gewebebildung. Dies entspreche den Ergebnissen von Studien, in denen mesenchymale Stammzellen systemisch verabreicht worden waren.

Zu einer Volumenerhöhung um mindestens 15 Prozent im Vergleich zu Studienbeginn kam es in der Gruppe mit niedriger Stammzelldosis nach einem halben Jahr bei einem Patienten und nach einem Jahr bei vier Patienten.

Zwei Jahre nach der Stammzellbehandlung war das nur noch bei drei Patienten der Fall. In der Gruppe mit der größeren Stammzellmenge war ein vergrößertes Volumen nur nach einem halben und einem Jahr bei einem Patienten per MRT nachweisbar. In der Kontrollgruppe kam es zu keinem Zeitpunkt zu einer Volumenveränderung des Meniskus.

Nach der Resektion wurden die Schmerzen bei allen Studienteilnehmern signifikant gelindert. Die VAS-Werte lagen in der Kontrollgruppe bei 43 mm, in der Gruppe mit geplanter niedriger Stammzelldosis bei 56,0 mm und mit hoher Zelldosis bei 43,1 mm.

Die Ärzte erinnern dabei daran, dass Hyaluronsäure selbst analgetisch wirkt. Die durchschnittliche relative Verbesserung des Scores gegenüber der Kontrolle betrug nach Applikation der geringeren Zellmenge nach zwei Jahren 27,3 mm, bei hoher Zelldosis 24,1 mm.

Aussagekraft der Studie ist begrenzt

Auch der Lysholm-Knie-Score, mit dem unter anderem Schmerzen, Instabilität, Schwellung und die Fähigkeit, Treppen zu steigen, beurteilt wird, war beim Follow-up nach zwei Jahren signifikant besser - mit einem mittleren Wert von 37,1 Punkten bei Patienten, denen eine hohe Zellmenge appliziert worden war, im Vergleich zur Kontrollgruppe (33,8 Punkte).

Die Ärzte räumen ein, dass die Daten nur begrenzt aussagekräftig sind, weil unter anderem die Volumenanalyse mit der quantitativen MRT des Knies uneinheitlich war, zwischen den beteiligten Untersuchungszentren und auch zwischen den Patientenuntersuchungen.

Auch Dr. Henry B. Ellis vom Texas Scottish Rite Hospital for Children in Dallas betont, dass zwar eine Schmerzlinderung durch die Stammzellbehandlung möglich ist, dass auch nach der Studie allerdings unklar bleibt, ob es auch zu einer klinisch relevanten Regeneration des Meniskusgewebes kommt.

Die Studie liefere keine Evidenz, auf die sich die Empfehlung zur Stammzellbehandlung nach einer partiellen Meniskektomie stützen könnte. (ple)

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