Zwei Proteine

Geheimnis der Muskelkraft gelüftet

Unser Herz schlägt ein Leben lang: Zwei Proteine sind verantwortlich dafür, dass sich Muskeln dehnen lassen, ohne auseinander zu fallen.

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MÜNCHEN. Der menschliche Körper ist eine Dauerbaustelle: Ständig werden Proteine abgebaut und durch neue ersetzt. Doch dies beeinträchtigt nicht die Funktion. Das Herz schlägt weiter, die Atmung bleibt nicht stehen.

Wie es dem Körper gelingt, die Proteinstränge im Muskel zusammenzuhalten, selbst wenn einzelne Bausteine ersetzt werden, beschäftigt Professor Matthias Rief seit Jahren. "Es muss Kräfte geben, die die einzelnen Ketten, die Filamente, stabilisieren, sonst würde der Muskel auseinanderfallen", wird der Inhaber des Lehrstuhls für Biophysik an der TU München in einer Mitteilung der TU München zitiert. Mit seinem Team hat Rief jetzt das Geheimnis des Zusammenhalts der Muskeln entschlüsselt (PNAS 2017; online 17. Januar).

Zwei Proteine sind demnach verantwortlich dafür, dass sich Muskeln dehnen lassen, ohne auseinander zu fallen: eines davon ist Titin, das längste Eiweiß des menschlichen Körpers, das andere ist a-Actinin, das Titin im Muskelgewebe verankert. Das Wechselspiel zwischen diesen Proteinen konnten die TUM-Forscher mit Hilfe eines eigens dafür entwickelten Apparats studieren: Die "optische Pinzette" füllt einen 20 m2 großen Raum im Keller des Instituts.

Die "optische Pinzette"

Da gibt es Laserquellen, Optiken, Kameras, Bildschirme. Kernstück der Anlage ist eine mit Flüssigkeit gefüllte Messkammer mit kleinen Glaskügelchen, an deren Oberflächen die Proteine Tinin und a-Actinin haften. Zwei Laserstrahlen, welche die Messzelle durchdringen, fangen jeweils ein Kügelchen ein und halten es fest. "Mit Hilfe der Laserstrahlen können wir die Kügelchen zunächst soweit zusammenbringen, dass sich die beiden Proteine vernetzen", erklärt Marco Grison, der in seiner Promotionsarbeit die Bindung zwischen den Muskelbausteinen erforscht.

Im Muskel wird jeder Titin-Strang von bis zu sieben a-Actinin-Proteinen gehalten. Das haben Strukturbiologen an der Universität Wien, mit denen die Münchner Forscher zusammenarbeiten, festgestellt. Damit erhöht sich die Kraft um das Siebenfache. Genug, um das Herz schlagen zu lassen, und sogar noch nebenbei – sozusagen bei laufendem Betrieb – einzelne Molekülketten abzubauen und durch neue zu ersetzen, heißt es in der Mitteilung.

"In der Summe reichen die Bindungen aus, um den Muskel zu stabilisieren", so Rief. "Das Protein-Netzwerk ist dabei nicht nur stabil, sondern auch hochdynamisch. Unsere Messungen zeigen, dass sich die Proteine lösen, wenn man sie auseinander zieht. Sobald aber die Dehnung nachlässt, finden sie wieder zueinander."

Diese Affinität der Eiweißmoleküle zueinander garantiere, dass der Muskel nicht reiße, sondern nach einer Dehnung wieder in seien ursprüngliche Form annehme. Die enge Verbindung zwischen den Proteinen ist dabei nicht auf das Herz beschränkt. Die Interaktion zwischen Titin und a-Actinin stabilisiert alle Muskeln, die gedehnt werden – gleichgültig ob beim Atmen, Gehen, Greifen oder Lachen. (eb)

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