Preis soll zeigen

Rheuma und Karriere sind vereinbar

Seit 2009 zeichnet die Initiative RheumaPreis erkrankte Berufstätige und ihre Arbeitgeber aus. Ziel ist es, Fachkräfte und Unternehmen zu ermutigen.

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BERLIN. Rund zehn Prozent der Berufstätigen mit rheumatoider Arthritis geben in den ersten fünf Jahren der Erkrankung ihre Arbeit auf. Etwa 40 Prozent sind zehn Jahre nach der Diagnose bereits frühverrentet.

Solche Zahlen empören Professorin Erika Gromnica-Ihle, Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga. Sie forderte bei der diesjährigen Verleihung des Rheuma-Preises am Welt-Rheuma-Tag dazu endlich umzudenken. In der Arbeitswelt seien die Fähigkeiten und das Potenzial von Menschen mit Rheuma in den Mittelpunkt zu stellen und nicht deren möglichen Einschränkungen.

Ihr Verband ist einer von insgesamt 13 Partnern der Initiative RheumaPreis, die seit 2009 Berufstätige auszeichnet, die trotz chronischer rheumatischer Erkrankung weiter arbeiten. Der Preis wird dabei immer auch an die jeweiligen Arbeitgeber verliehen.

Unterstützung im Arbeitsumfeld

Rund 1,5 Millionen Menschen leiden in Deutschland an rheumatoider Arthritis. 15 Prozent davon sind bei der Diagnose jünger als 40 Jahre. Patienten mit Morbus Bechterew sind oft erst Mitte 20. Eine frühzeitige Diagnose und moderne Therapien ermöglichen zunehmend, dass die Betroffenen weiterhin berufstätig sein können - vorausgesetzt, dass es auch im Arbeitsumfeld für sie Verständnis und Unterstützung gibt.

Bei Bettina Wittmann war dies der Fall. Im Teenager-Alter war bei der heute 37-Jährigen rheumatoide Arthritis diagnostiziert worden. Doch sie gab nicht auf, ließ sich als Industriekauffrau ausbilden, studierte berufsbegleitend Betriebswirtschaft und gehört seit 17 Jahren zur Belegschaft der Eisengießerei Dossmann in Walldürn.

Über ihren Arbeitsbereich hinaus engagiert sie sich als Mitglied im Wirtschaftsauschuss, Betriebsrätin und Schwerbehindertenvertreterin.

Geschäftsführer Friedrich Dossmann nennt sie "eine große Bereicherung für das Unternehmen." Der Chef des mittelständischen Betriebes mit insgesamt 175 Mitarbeitern hat sich einiges einfallen lassen, um Bettina Wittmann den Arbeitsalltag zu erleichtern - eine teilbare Computertastatur, einen leicht bedienbaren Wasserhahn im Waschraum und auch eine zweite Stechuhr, um ihr den Weg zu verkürzen.

Positive Beispiele aufzeigen

Weiter ausgezeichnet wurden die 23 Jahre alte Lisa Nysen, Sachbearbeiterin bei dem Speditionsbetrieb Meyer Logistics in Willich - ebenfalls einem Mittelständler - sowie der 25-Jährige Benedikt Ziegler, der als freiberuflicher Fotograf arbeitet und zugleich Fotodesign studiert.

Der Rheumapreis will positive Beispiele aufzeigen und Betroffene ermutigen, sich nicht vorschnell aus dem Arbeitsleben zu verabschieden. Zugleich sollen auch Arbeitgeber aufgefordert werden, Chronisch-Kranke nicht einfach abzustempeln.

Die Politik habe für einen anderen Umgang mit chronischen Erkrankungen die Weichen gestellt, sagte Annette Widmann-Mauz, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium. Das Versorgungsstärkungsgesetz stärke die Integrierte Versorgung, das Präventionsgesetz die betriebliche Gesundheitsförderung und in der Rehabilitation hätten muskuloskelettale Erkrankungen mit rund einem Drittel aller Leistungen einen hohen Stellenwert.

Jürgen Wasem, Professor für Medizinmanagement aus Duisburg-Essen, verwies darauf, dass nicht nur der Erkrankte und sein Chef profitierten, wenn die Arbeit erhalten werde, sondern die gesamte Gesellschaft. "Angesichts der demografischen Entwicklung können wir es uns gar nicht leisten, Fachkräfte aufgrund einer Erkrankung vorzeitig in den Ruhestand zu versetzen", sagte Wasem.

Er forderte Sozialversicherungsträger auf, intensiver mit den Firmen zu kooperieren: "Die Betriebe brauchen Unterstützung."

Dr. Anette Wahl-Wachendorf, Vizepräsidentin des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte, lobte das neue Präventionsgesetz: "Wir sind richtig glücklich darüber. Wir Betriebsärzte können jetzt gesundheitliche Check-ups in regelmäßigen Abständen anbieten und können Gesundheitsgefährdungen frühzeitiger erkennen." (wer)

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