Arthritis bei Kindern

Früh ran ans Gelenk

Wie bei rheumatischen Erkrankungen im Erwachsenenalter kommen auch bei der juvenilen idiopathischen Arthritis immer häufiger Biologika zum Einsatz.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:

Jedes fünfte Kind mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA), das seit einem Jahr in Deutschland in einem kinderrheumatologischen Zentrum versorgt wird, erhält eine Therapie mit einem Biologikum (RMD Open 2015; 1: e000074). Am höchsten ist der Anteil unter Patienten mit systemischer JIA (67 Prozent) und am niedrigsten bei Oligoarthritis (5 Prozent).

Die meistverordneten biologischen DMARD (Disease Modifying Antirheumatic Drugs) sind die TNF-Hemmer Etanercept und Adalimumab, gefolgt von Golimumab, Canakinumab, Anakinra und Tocilizumab. Eine Zulassung besteht derzeit für Etanercept, Adalimumab, Canakinumab, Tocilizumab und Abatacept.

Laut Leitlinie aus dem Jahr 2011 ist bei polyartikulärer JIA eine Therapie mit Etanercept oder Adalimumab indiziert, wenn NSAR und intraartikuläre Steroide nicht ausreichen und MTX nicht wirkt oder nicht eingesetzt werden kann. Möglicherweise ist das klinische Ergebnis jedoch besser, wenn die Patienten bereits frühzeitig aggressiv behandelt werden. Das legt zumindest die von Professor Gerd Horneff beim Update Pädiatrie präsentierte TREAT-Studie nahe (Arthritis Rheum 2012; 64 (6): 2012-2021).

In der Studie waren 85 Kinder mit polyartikulärer JIA randomisiert und verblindet mit MTX allein oder einer Kombination aus MTX, Etanercept und Prednisolon (MEP) behandelt worden. Kinder, die nach vier Monaten keine ACR-70-Besserung oder nach sechs Monaten keine klinisch inaktive Erkrankung (CID) erreicht hatten, wurden auf eine offene MEP-Therapie umgestellt. Nach einem Jahr hatten 58 Kinder (68 Prozent) eine CID, 47 hatten eine MEP erhalten.

Eine kürzere Krankheitsdauer vor Beginn der Etanercepttherapie ging mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für eine Remission einher. "Das Ergebnis spricht dafür, dass ein ,Window of Opportunity‘ existiert", so der Rheumatologe von der Asklepios Klinik Sankt Augustin.

Dass Patienten auch langfristig von einer frühen aggressiven Therapie profitieren, darauf weisen die Ergebnisse einer offenen Verlängerung von TREAT um zwei Jahre hin. Laut Horneff hatte die Hälfte der 48 Beteiligten in über 50 Prozent der Zeit eine inaktive Erkrankung. Sechs Kinder hatten die gesamte Zeit eine CID, zwei von ihnen waren sogar ein Jahr lang medikamentenfrei in Remission. Aber selbst in Phasen aktiver Erkrankung wurde die Krankheitsaktivität als mild eingeschätzt. Während des Follow-up wurden keine schwerwiegenden Nebenwirkungen registriert.

Die Zulassung für Etanercept ist auf weitere JIA-Kategorien ausgedehnt worden: die erweiterte oligoartikuläre JIA (eo JIA), die Enthesitis-assoziierte Arthritis (ERA) und die Psoriasis-Arthritis (PsA). Grundlage für die Zulassungserweiterung war die CLIPPER-Studie, in der sich das Biologikum laut Horneff bei allen drei Formen als wirksam und gut verträglich erwiesen hat (Ann Rheum Dis 2014; 73: 1114-1122).

Binnen 12 Wochen hatten 89 Prozent der Patienten (90 Prozent eo JIA, 83 Prozent ERA und 93 Prozent PsA) ein JIA-ACR30-Ansprechen erreicht. Bei 61 und 30 Prozent hatte sich die Symptomatik um mindestens 70 bzw. 90 Prozent verbessert, 12 Prozent hatten eine CID. Als häufigste Nebenwirkung wurden Infektionen erfasst (bei 46 Prozent), 3 Prozent der Patienten hatten schwere Nebenwirkungen, unter anderem eine Pneumonie.

Zum zweiten TNF-Hemmer, Adalimumab, führte Horneff Daten von 289 Kindern aus dem deutschen JIA-Register BiKeR an. Danach ist Adalimumab effektiv als First-Line-Therapie, aber auch als Second-Line-Therapie nach Etanercept.

Eine PedACR-50/70/90-Response nach sechs Monaten erzielten unter den 130 Biologika-naiven Kindern (mediane Krankheitsaktivität gemäß JADAS-10: 12,8 Punkte) 61, 48 und 34 Prozent. Bei den 159 mit Etanercept Vorbehandelten (JADAS-10: 8,5) waren es 38, 22 und 15 Prozent.

Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse hatten eine Häufigkeit von 2,5 pro 100 Patientenjahre. 5 Prozent der Patienten beendeten die Behandlung wegen Nebenwirkungen, 11 Prozent wegen Unwirksamkeit und 5 Prozent aufgrund einer Remission. Wie Horneff betonte, gab es bei Kindern mit (in der Regel ungenügend wirksamer) Etanercept-Vortherapie nicht mehr Therapieversager oder -abbrecher als bei Biologika-naiven.

Der Interleukin-6-Rezeptor-Inhibitor Tocilizumab ist laut Horneff bei polyartikulärer JIA ebenfalls "hochwirksam". Das zeigt eine Phase-3-Studie, an der er mitgewirkt hat (Ann Rheum Dis 2015; 74(6): 1110-1117). 163 von 188 Kindern, die nach 16 Wochen Adalimumab eine ACR 30 erreicht hatten, wurden 24 Wochen lang weiterbehandelt oder auf Placebo umgestellt.

Unter fortgesetzter Therapie entwickelten 26 Prozent der Patienten Flares, unter Placebo 48 Prozent. Zu ACR-70- und -90-Verbesserungen kam es bei 65 und 45 Prozent der Patienten. Durch eine MTX-Begleittherapie wurde das Ansprechen verbessert. Auch hier waren Infektionen die häufigsten Nebenwirkungen.

Mehr zum Thema

Häufige Erbkrankheit übersehen

Bei dieser „rheumatoiden Arthritis“ mussten DMARD versagen

Seltene Erkrankung

Ödeme beider Handrücken: An was denken Sie?

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Rechtzeitig eingefädelt: Die dreiseitigen Verhandlungen zwischen Kliniken, Vertragsärzten und Krankenkassen über ambulantisierbare Operationen sind fristgerecht vor April abgeschlossen worden.

© K-H Krauskopf, Wuppertal

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“