Schwanger trotz Rheuma

Wie sicher sind Rheuma-Medikamente?

Bei vielen Rheuma-Medikamenten gibt es nur unzureichende Daten zur Sicherheit in der Schwangerschaft und Stillzeit. Grundsätzlich gilt es, das Risiko einer Therapie für das Kind gegen das Risiko einer unbehandelten Mutter abzuwägen.

Christina OttVon Christina Ott Veröffentlicht:
Wie sicher sind Rheuma-Medikamente?

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Frauen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen haben weniger Kinder als Frauen in der Normalbevölkerung. Die Fertilität ist bei Frauen mit Rheumatoider Arthritis (RA) im Vergleich zur Normalbevölkerung leicht reduziert (25 vs. 15 Prozent), bestätigte Privatdozentin Rebecca Fischer-Betz, Universitätsklinikum Düsseldorf, beim Rheuma Update 2017 in Wiesbaden.

Auch ist die Zeit bis zur gewünschten Konzeption verlängert. Vermutete Gründe sind zum Beispiel eine ovarielle Dysfunktion, hormonelle Veränderungen und der Einfluss von Medikamenten wie Antiphlogistika.

Überprüft wurde dies in der prospektiven PARA-Studie (Pregnancy-induced Amelioration of Rheumatoid Arthritis, Ann Rheum Dis. 2015, 74 (10): 1836-1841) mit 245 Frauen. Während der Studiendauer wurden 205 (84 Prozent)Frauen schwanger, bei 64 (31 Prozent) betrug die Zeit bis zur gewünschten Konzeption länger als ein Jahr, so die Rheumatologin. Zusammen mit den 40 Frauen, die im Studienzeitraum nicht schwanger wurden, betrug die Subfertilität (TTP, time to pregnancy) somit 42 Prozent (im Vergleich zur Normalbevölkerung von bis zu 20 Prozent).

In der Regressionsanalyse war eine längere TTP unabhängig assoziiert mit höherem Alter, Nulliparität, höherer Krankheitsaktivität (DAS28-CRP3) und der regelmäßigen Verwendung von NSAR oder Prednison vor Konzeption. Der Effekt von Prednison auf die TTP war dosisabhängig, so war eine Dosis von > 7,5 mg / Tag mit deutlich längerer TTP assoziiert.

Ziel sollte auf jeden Fall ein effektives Unterdrücken der Krankheitsaktivität sein, wobei mögliche negative Auswirkungen von höheren Prednison-Dosen und NSAR berücksichtigt werden sollten, fasste Fischer-Betz zusammen.

Follikelsprung verzögert?

Bei Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch, die mit NSAR behandelt werden, sollte zudem die Möglichkeit eines verzögerten Follikelsprungs erwogen werden. Das zeitweilige Absetzen eines NSAR um die Zeit des Eisprungs herum und die Wiederaufnahme der Behandlung drei Tage nach LH-Anstieg kann sich möglicherweise positiv auswirken.

Bei etwa der Hälfte der RA-Patientinnen kommt es zu einem Rückgang der Krankheitsaktivität während der Schwangerschaft. Mit einer Remission ist bei einem Viertel der Schwangeren im letzten Trimenon zu rechnen.

In einer Studie mit 190 Schwangeren kristallisierte sich als entscheidender Faktor für eine stabile Erkrankung in der Schwangerschaft eine gut kontrollierte Krankheitsaktivität vor Konzeption bzw. in der Frühgravidität heraus (Arthritis Care Res 2016, online 3. November).

Positive Entwicklung der Kinder

Dies wirkt sich auch positiv auf die Entwicklung der Kinder nach der Geburt aus, wie eine Studie mit 180 Kindern von Müttern mit RA belegt (Arthritis Rheumatol. 2014, 66(7): 1705-1711).

Demnach ist eine aktive RA während der Schwangerschaft mit einem niedrigeren Geburtsgewicht des Kindes assoziiert. Und in der Folge führt ein schnelles Aufholwachstum zu einem späteren erhöhten kardiovaskulären und metabolischen Risikoprofil.

Schwangerschaftskomplikationen sind bei Frauen mit RA generell etwas häufiger, besonders bei Erstgeburten. Auch das Risiko einer Fehlgeburt ist leicht erhöht (Acta Obstet Gynecol Scand. 2014, 93 (3): 302-307).

In den aktuellen EULAR-Empfehlungen (Ann Rheum Dis 2016; 75: 795 – 810) wird darauf hingewiesen, dass die Behandlung von Patientinnen mit rheumatischen Erkrankungen vor / während der Schwangerschaft und Stillzeit darauf abzielen sollte, einer Krankheitsaktivität bei der Mutter vorzubeugen oder sie zu unterdrücken und den Feten / das Kind nicht zu schädigen.

Ferner gilt es, das Risiko einer medikamentösen Therapie für das Kind gegen das Risiko, welches eine unbehandelte mütterliche Erkrankung für die Patientin und den Feten / das Kind darstellt, abzuwägen, erläuterte Fischer-Betz.

NSAR nur im 1. und 2. Trimenon

csDMARDS, die sich laut EULAR-Empfehlungen mit einer Schwangerschaft kompatibel erwiesen haben, sind: Hydroxychloroquin, Chloroquin, Sulfasalazin, Azathioprin, Ciclosporin, Tacrolimus und Colchicin. Sie können in der Schwangerschaft fortgesetzt oder bei einem Schub verwendet werden.

Die csDMARDs Methotrexat, Mycophenol Mofetil und Cyclophosphamid sind teratogen und sollten vor einer Schwangerschaft abgesetzt werden, NSAR sollten nur im 1. und 2. Trimenon eingesetzt werden. csDMARDS, tsDMARDS und anti- inflammatorische Therapien mit unzureichender Dokumentation im Hinblick auf den Einsatz in der Schwangerschaft sollten bis zum Vorliegen einer besseren Evidenz vermieden werden. Dies trifft etwa auf Leflunomid, Mepacrine, Tofacitinib und selektive COX-II-Inhibitoren zu.

Von den bDMARDs kann das Fortsetzen der TNF-Therapie im ersten Teil der Schwangerschaft in Betracht gezogen werden. Für Etanercept und Certolizumab gilt dies aufgrund des geringen Plazentatransfers für die gesamte Schwangerschaft. Für die bDMARDs Rituximab, Anakinra, Tocilizumab, Abatacept, Belimumab und Ustekinumab existieren bisher nur limitierte Daten über einen sicheren Einsatz in der Schwangerschaft, sie sollten vor Konzeption durch eine andere Therapie ersetzt werden.

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