Urologen-Tagung

Polymedikation auf der Agenda

Nicht ohne Grund hat die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) das Thema "Polymedikation" mit auf die Agenda ihrer Jahrestagung Anfang Oktober gesetzt: BPH und Harninkontinenz sind oft - zusätzliche - Komorbiditäten im Alter.

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DÜSSELDORF. 62 Prozent der Deutschen im Alter über 65 sind multimorbide. Dabei gehören BPH und Harninkontinenz zu den millionenfach verbreiteten altersbedingten urologischen Krankheiten, erinnert die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU). Dazu kämen oft psychische Störungen, Demenz und Depression.

In der Folge nehmen die meisten Senioren im Mittel fünf und mehr Medikamente gleichzeitig ein, im Extremfall bis zu 15 Pharmaka. Die DGU hat die bisweilen riskante Polymedikation, den riskanten "Pillencocktail", auf das Programm ihres 66. Kongresses vom 1. bis 4. Oktober 2014 in Düsseldorf gesetzt.

Interdisziplinäre Herausforderung

Medikamente zu finden, die miteinander harmonieren und diese in einer dem alternden Organismus adäquaten Dosierung zu verordnen, sei eine interdisziplinäre Herausforderung.

"Auch wir Urologen stehen angesichts der Polymedikation vor einem Dilemma. Denn wir müssen nun unsere Medikation wie Alpha-Blocker, Medikamente zur Behandlung des Prostata-Ca oder der Harninkontinenz in das therapeutische Gesamtkonzept integrieren, ohne unerwünschte oder sogar gefährliche Neben- und Wechselwirkungen auszulösen", wird DGU- und Kongresspräsident Professor Jan Fichtner aus Oberhausen in der Mitteilung der DGU zitiert.

Doch nicht allein die Gabe von vielen verschiedenen Medikamenten gleichzeitig ist problematisch. "Kompliziert wird die Situation vor allem bei hochbetagten Menschen", erinnert Dr. Wolfgang Bühmann, Urologe und Pressesprecher des Berufsverbandes der Deutschen Urologen.

"Viele alte Menschen sind durch ihre verminderte Kommunikationsfähigkeit nicht mehr in der Lage, ihre Symptome präzise zu schildern, was die Diagnose- und Indikationsstellung erschwert". Zudem nähmen nur rund die Hälfte der Patienten ihre Medikamente mit dem Maß an Zuverlässigkeit ein, das nötig sei, um die gewünschten Therapieziele zu erreichen.

Ein vermeidbares, rein merkantil begründetes Problem erhöhe die Gefahr für die Patienten: Die Verträge der Krankenkassen mit den jeweils günstigsten Anbietern haben zur Folge, dass Patienten immer wieder mit neuen Medikamenten zu tun hat, die zwar denselben Wirkstoff enthalten, aber ein neues Erscheinungsbild in Form und Farbe haben können. So entstehe vielfach ein Einnahme-Chaos, weil die Patienten nicht mehr wüssten, was nun welche Arznei sei, warnt die DGU.

Ein Medikationsplan ist gefragt

Gerade bei älteren Patienten sei es notwendig, anhand eines aktuellen und vollständigen Medikationsplans zu prüfen, ob Symptome Nebenwirkung einer bisherigen Therapie oder tatsächlich Zeichen einer bisher nicht diagnostizierten Krankheit sind, die ein weiteres Medikament erfordert.

"Eine Polymedikation kann viele, zum Teil schwerwiegende Probleme verursachen", so Professor Petra Thürmann, Direktorin des Philipp Klee-Instituts für Klinische Pharmakologie des HELIOS Klinikums Wuppertal, in der Mitteilung der DGU. Bis zu zehn Prozent aller stationären Aufnahmen beruhten auf Medikamentennebenwirkungen, wobei rund die Hälfte dieser medikamentös bedingten Hospitalisierungen durch Wechselwirkungen verursacht wird.

"Bei jeder neuen Verordnung sollte kritisch hinterfragt werden, ob es sinnvoll ist, ein weiteres Medikament dem ohnehin schon wirkstoffreichen Pillencocktail hinzuzufügen", so Thürmann. (eb)

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