Vererbung

Kinder von Teenie-Vätern haben mehr Gendefekte

Nicht nur Kinder älterer Väter haben gehäuft Gendefekte - auch Jungen in der Pubertät zeugen offenbar gehäuft Kinder mit DNA-Mutationen.

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CAMBRIDGE/MÜNSTER. Teenager-Väter geben einer Studie zufolge häufiger durch Mutationen belastetes Erbgut an ihre Kinder weiter als Zwanzig- bis Dreißigjährige.

Dies könnte erklären, warum Kinder pubertierender Väter sogar ein ähnlich hohes Risiko für genetisch bedingte Krankheiten - etwa Schizophrenie oder Spina bifida - haben wie die Nachkömmlinge 35-jähriger Erzeuger, so der deutsch-britische Forscher Dr. Peter Forster.

Er und seine Kollegen von den Universitäten in Münster, Salzburg und im britischen Cambridge haben 24.000 DNA-Proben von Eltern und deren Kindern aus Europa, dem Nahen Osten und Afrika untersucht (Royal Society Proceedings 2015; online 18. Februar).

Noch kein Beweis für Krankheitsrisiko

Wie weitreichend die Ergebnisse sind, ist allerdings umstritten. Nach Ansicht des Humangenetikers Professor Jörg Epplen von der Universität Bochum sind die Befunde noch kein Beweis für den Zusammenhang zwischen Mutationen und Krankheitsrisiko.

Die Studienautoren hätten "stumme" Genomteile untersucht, die wohl keine Bedeutung für Eigenschaften oder weitergegebene Krankheiten der Nachkommen hätten.

Bislang war die Wissenschaft davon ausgegangen, dass ein jüngerer Erzeuger seltener Erbkrankheiten überträgt als ein älterer. Der Grund: Die Fortpflanzungsstammzellen eines Mannes reproduzieren sich lebenslang.

Bei diesen Teilungen kann es bei jeder Kopie zu neuen Gen-Veränderungen kommen. So steigt die Mutationslast in den Spermien der Männer mit ihrem Alter. Wie Forster und seine Kollegen jedoch jetzt festgestellt haben, bilden pubertierende Jungen eine Ausnahme.

Kinder von Teenager-Vätern (12 bis 19 Jahre) wiesen demnach in ihrem Erbgut etwa 30 Prozent mehr de-novo-Mutationen auf als Kinder von 20 bis 30 Jahre alten Vätern.

"Wir halten es für möglich, dass der Apparat, der Spermazellen produziert, zu Beginn der Pubertät noch nicht ganz justiert ist und zunächst mit hoher Fehlerquote arbeitet", so Forster.

Viel höhere Mutationslast bei Jungen

Noch ein Ergebnis überraschte das Team: Zu Beginn der Fortpflanzungsfähigkeit ist die Mutationslast in den Keimzellen von Jungen sechs Mal so hoch wie in denen der Mädchen.

Dies könnte darauf hindeuten, dass eine männliche Keimzelle vor der Fruchtbarkeit wesentlich mehr Teilungsprozesse hinter sich hat als die Genforschung bislang annahm.

Forster: "Laut Lehrbuchmeinung sind es bei Mädchen und Jungen zwischen 22 und 23 Teilungen vor der Pubertät. Unsere Ergebnisse könnten aber bedeuten, dass sich männliche Samenzellen bei Eintritt in die Pubertät bereits über 100 Mal geteilt haben."

Bei Frauen bleibt die Mutationslast den Wissenschaftlern zufolge ein Leben lang etwa auf gleichem Niveau.

Das liegt daran, dass weibliche Embryonen mit einem lebenslangen Vorrat an Eizellen geboren werden, die dann keine weiteren Zellteilungen und DNA-Kopien benötigen. (dpa)

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