Urologen klären auf

Die Gefahren des Hodenhochstandes

Die verschiedenen Formen einer Hodenfehllage sind bei Vorsorgeuntersuchungen nicht immer zweifelsfrei zu diagnostizieren. Urologen setzen deshalb auf Aufklärung der Eltern.

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DÜSSELDORF. Der Hodenhochstand ist eine der häufigsten urologischen Erkrankungen von Kindern: Bei etwa drei Prozent aller zum Termin geborenen Jungen sind ein oder beide Hoden nicht im Hodensack tastbar.

Diese Entwicklungsstörung wird häufig zu spät erkannt und therapiert, warnt die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU).

Mit ernsten Folgen: "Wird der Hodenhochstand nicht bis zum Ende des ersten Lebensjahres behandelt, drohen Unfruchtbarkeit und ein bis zu 8-faches Risiko, später an Hodenkrebs zu erkranken", erinnert Professor Raimund Stein, Vorsitzender des DGU-Arbeitskreises Kinder- und Jugendurologie. Eine Kampagne der Fachgesellschaft im Internet soll Eltern nun darüber aufklären.

Mit diesem Schritt geht die DGU neue Wege. "Wir wollen die modernen Formen der sozialen Interaktion nutzen und Eltern kleiner Jungen in ihren Lebenswelten abholen, um ihr Bewusstsein für Hodenhochstand zu wecken und sie über Diagnostik und aktuelle Therapieformen zu informieren", kündigt DGU-Präsident Professor Stephan Roth an.

Gut aufgeklärte Eltern könnten wesentlich dazu beitragen, die Entwicklungsstörung frühzeitig zu erkennen, da die verschiedenen Formen einer Hodenfehllage bei den Vorsorgeuntersuchungen nicht immer zweifelsfrei zu diagnostizieren sind.

Hormontherapie per Nasenspray

Während ein sogenannter Bauchhoden und ein Leistenhoden dauerhaft nicht im Hodensack liegen, kann ein Pendelhoden bei einer Untersuchung durchaus vom Arzt tastbar sein, aber bei Kälte oder Bewegung wieder in den Leistenkanal wandern.

Ein Gleithoden lässt sich zwar herunterziehen, rutscht aber rasch wieder in die Leiste. Außerdem kann ein bei Geburt im Hodensack gelegener Hoden später wieder in den Leistenkanal aufsteigen und dort permanent liegen bleiben.

"Dauerhaft können sich die Keimdrüsen aufgrund der etwas höheren Temperatur im Körperinneren nicht optimal entwickeln, bleiben in ihrem Wachstum zurück und in ihrer Funktion eingeschränkt - dies kann neben der verminderten Fortpflanzungsfunktion auch zu einer verminderten Testosteronbildung führen", erinnert Professor Raimund Stein.

Bei einem Großteil aller betroffenen Jungen wandern die Hoden im Laufe der ersten sechs Lebensmonate von selbst in den Hodensack.

Nach diesem Zeitpunkt ist ein spontanes Herunterkommen nicht mehr wahrscheinlich und eine Op oder eine Kombi von Hormontherapie und Op angezeigt, damit sich die Hoden am ersten Geburtstag sicher im Hodensack befinden.

Die Hormontherapie erfolgt per Nasenspray beim Säugling über einen Zeitraum von vier Wochen und ist in 20 Prozent der Fälle erfolgreich- je nach Lage des Hodens.

Eltern gefordert: Auf Lage der Hoden achten

Ein hoch sitzender Hoden ziehe sich nach alleiniger Hormontherapie häufiger wieder in die Leiste zurück, so die DGU in ihrer Mitteilung.

Daher werde heute die Operation im ersten Lebensjahr geplant und beim beidseitigen Hodenhochstand vorher eine Hormontherapie empfohlen. Beim einseitigen Hodenhochstand könne unter Umständen auf eine vorherige Hormontherapie verzichtet werden.

"Durch eine sehr frühzeitige Behandlung des Hodenhochstandes wird die spätere Fruchtbarkeit der Jungen verbessert und gleichzeitig das Risiko für einen späteren Hodenkrebs gesenkt. Aus diesem Grunde sollten Eltern alle Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen, bei ihren Söhnen auf die Lage der Hoden achten, und wenn sie selbst oder die kinderärztlichen Kollegen unsicher sind, ob der Hoden richtig liegt, am besten ab dem 7. Lebensmonat eine Urologin/Kinderurologin oder einen Urologen/Kinderurologen aufsuchen", rät DGU-Sprecherin Professor Sabine Kliesch.

Da das Risiko, im späteren Leben an Hodenkrebs zu erkranken auch nach angemessener Therapie der Hodenfehllage erhöht bleibt, sollten die betroffenen Jungen ab Beginn der Pubertät regelmäßig ihre Hoden abtasten und auf Verhärtungen und Vergrößerungen achten. (eb)

Hinweis: Kinderurologie ist ebenfalls Thema auf dem 67. DGU-Kongress vom 23. bis 26. September 2015 im Congress Center Hamburg.

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