Urologie

Bei Hypospadie lohnt sich frühe Urethroplastik

Möglichst in den ersten eineinhalb Jahren operieren – so steht es in den Leitlinien, und das zu Recht: In einer aktuellen Analyse traten Op-Komplikationen und Harnwegsprobleme bei späteren Hypospadie-Korrekturen deutlich häufiger auf.

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MONTPELLIER. Wird bei der Geburt eine ernsthafte Penishypospadie festgestellt, so raten Urologen in der Regel zu einer Op noch vor dem zweiten Lebensjahr. Bei sehr starken Abweichungen der Meatuslage und bei Komplikationen wie einer Meatusstenose liegt das nahe, doch auch ohne gravierende Beeinträchtigungen beim Urinieren sollte eine Op-Entscheidung möglichst früh umgesetzt werden: Chirurgen beobachten bei einer später erfolgenden Urethroplastik mehr Komplikation. Die Europäische Urologenvereinigung EAU rät in ihrer Leitlinie zu einem Eingriff in den ersten sechs bis 18 Lebensmonaten.

Solche Empfehlungen sind allerdings bislang wenig evidenzbasiert, schreiben Kinderurologen um Dr. Sarah Garnier vom Hôpital Lapeyronie in Montpellier. Zwar gebe es einige retrospektive Analysen zu dem Thema, diese konzentrierten sich aber meist auf die Reinterventionsrate, und Probleme wie Wundheilung oder persistierende Harnwegsbeschwerden seien nicht berücksichtigt. Dies wollten die französischen Ärzte in einer eigenen Untersuchung nachholen (BJU Int 2017, online 1. Februar).

Sie konnten Angaben zu 464 Jungen mit Hypospadie auswerten, die sich in ihrem Zentrum zwischen 2001 und 2013 einer Urethroplastik unterzogen hatten. Das Alter lag im Median bei vier Jahren und reichte von ein bis 16 Jahre. Bei zwei Drittel lag die Harnröhrenöffnung glandulär oder im vorderen Penisbereich, 21 Prozent trugen sie in einer mittleren Penislage, bei den übrigen lag sie weiter posterior oder skrotal. Die meisten (61 Prozent) wurden mittels Thiersch-Duplay-Verfahren operiert, 14 Prozent per Koff-Technik, die übrigen mit anderen Methoden.

Fisteln, Stenosen, andere Beschwerden

Während der mittleren Nachbeobachtungszeit von 26 Monaten waren bei 36 Prozent der Kinder Komplikationen aufgetreten. Fisteln bildeten sich bei 13 Prozent, Stenosen bei 8 Prozent und Harnwegsbeschwerden traten bei etwa 5 Prozent der Jungen auf. Heilungsstörungen und Hautnekrosen wurden nur bei neun Operierten beobachtet (1,9 Prozent), größere Hämatome oder Blutungen bei vier (0,9 Prozent). Aufgrund solcher Probleme mussten 106 Patienten (23 Prozent) erneut operiert werden.

Die Ärzte um Garnier teilten die Kinder nach dem Op-Alter in zwei Gruppen ein: Solche mit einem Eingriff in den ersten beiden Lebensjahren – dazu gehörte ein Drittel der Operierten – und solche mit einer späteren chirurgischen Korrektur. In der ersten Gruppe war die Fehlbildung im Mittel nach 18 Monaten, in der zweiten nach 67 Monaten korrigiert worden. Beide Gruppen unterschieden sich kaum beim Schweregrad der Hypospadie und den Op-Techniken, dennoch gab es bei den jüngeren Kindern mit 26 versus 41 Prozent eine deutlich geringere Komplikationsrate.

Einige Komplikationen traten bevorzugt in bestimmten Altersgruppen auf. So fanden die Ärzte eine Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie oder Miktionsstörungen bei einer Op im Alter von zwei bis drei Jahren vierfach häufiger als in anderen Altersgruppen (12,5 versus 3,6 Prozent), Wundheilungsstörungen waren bei jedem vierten Jungen über 13 Jahre ein Problem, aber bei weniger als 2 Prozent der jüngeren Kinder. Die Daten untermauern nach Ansicht der Kinderurologen um Garnier die Empfehlungen zur möglichst frühen Korrektur einer Hypospadie. In den ersten sechs Monaten sollten sich Chirurgen jedoch noch nicht an die Kleinen heranwagen, da ansonsten ein erhöhtes Risiko für Anästhesieschäden und Blutungen bestehe. (mut)

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