Stoßwellentherapie

Jungbrunnen für den Penis gefunden?

Stoßwellen können die Potenz offenbar nachhaltig verbessern, so Studien. Offenbar ist die Effektstärke jedoch geringer als bei PDE-5-Hemmern – die Behandlung ist wohl eher etwas für Männer, die Viagra und Co. nicht vertragen.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Eine Therapie mit Stoßwellen könnte den Penis wieder auf Trab bringen.

Eine Therapie mit Stoßwellen könnte den Penis wieder auf Trab bringen.

© iprachenko / stock.adobe.com | Bearbeitung: ajo

BRESLAU, POLEN. Die meisten Männer mit Potenzproblemen kommen mit PDE-5-Hemmern klar. Für die übrigen, die auf diese Medikamente nicht ansprechen, sie nicht vertragen oder solche Pillen aufgrund von Kontraindikationen nicht nehmen dürfen, gibt es allerlei Alternativen – von der intrakavernösen oder intraurethralen Pharmakotherapie bis zur Vakuumbehandlung.

Allerdings sind diese Verfahren nicht immer einfach anzuwenden. Die meisten Männer mit Potenzschwäche träumen daher von einer Behandlung, die ihnen eine verbesserte Erektion auch ohne Medikamente und Geräte verschafft.

Genau das verspricht die niedrigenergetische extrakorporale Stoßwellentherapie (LESWT, Low Energy Shock-Wave Therapy). Sie soll das penile Gewebe so weit in Form bringen, dass sich das Glied wieder aus eigenen Kräften erhebt.

Behandlung am gestreckten Penis

Im Prinzip werden dafür Gallen- und Nierensteinzertrümmerer mit geringer Energie betrieben: Statt rund 900 bar lassen Urologen bei der niedrig-energetischen Therapie nur Stoßwellen mit rund 100 bar auf das beste Stück los. Dazu wird der Penis gestreckt und an drei bis sechs Punkten am Schaft geschockt. Dies soll die Bildung neuer Blutgefäße sowie neuer Endothel- und Muskelzellen ermöglichen.

Die Schockwellentherapie wäre danach ein Jungbrunnen für den Penis und könnte die erektile Dysfunktion anhaltend beheben. Die Patienten müssen sich der Prozedur jedoch ein- bis zweimal die Woche über zwei bis drei Monate unterziehen.

Ob sich der Aufwand tatsächlich lohnt, wollten Ärzte um Dr. Dariusz Kalka von der Universität in Breslau herausfinden, indem sie die bislang eher spärliche Literatur zu dem Thema unter die Lupe nahmen (Kalka D et al. Low Energy Shock-Wave Therapy - a Novel Treatment Option for Erectile Dysfunction in Men with Cardiovascular Disease. Urology 2017, online 29. Mai; doi: 10.1016/j.urology.2017.05.030).

Eine Reihe kleiner, zumeist unkontrollierter Studien bezog Patienten ein, die auf PDE-5-Hemmer ansprachen. In einer der ersten Studien mit 20 Männern verbesserte sich der Wert auf dem International Index of Erectile Function ED (IIEF-ED) von 13 Punkten (moderate ED) auf etwa 21 Punkte (leichte ED). Der Therapieeffekt blieb über sechs Monate hinweg erhalten, auch der durchschnittliche basale Blutfluss in den Penisarterien hatte zugenommen (von 7 auf 18 ml/min/dl).

In vier weiteren offenen Studien mit jeweils 30–60 Männern verbesserten sich auch der Erection Hardness Score (EHS), der durchschnittliche Penisumfang sowie die Patientenzufriedenheit. In einer der Untersuchungen verzichteten vier der Männer fortan auf PDE-5-Hemmer, da ihre Erektionsfähigkeit wieder zufriedenstellend war.

Eine größere Herausforderung für Urologen sind jedoch Männer, die auf PDE-5-Hemmer nicht ansprechen. Drei Studien mit 20–40 Männern ergaben auch hier eine Wirksamkeit. In einer der Studien konnte ein Drittel der Patienten nach der Stoßwellenbehandlung wieder ohne jegliche Pharmakotherapie zur Erektion gelangen – viele hatten sich zuvor vasoaktive Substanzen in den Penis injiziert. In den übrigen beiden Studien lagen die Ansprechraten bei rund 60%, die Wirkung blieb zum Teil über ein Jahr hinweg erhalten.

Uneinheitliche Resultate randomisierter Studien

Entscheidend sind jedoch die Resultate randomisiert-kontrollierter Studien. Davon fanden die Forscher um Kalka insgesamt sechs – mit zumeist bescheidenen Teilnehmerzahlen. So prüften Urologen in einer Untersuchung die Stoßwellenbehandlung gegen eine Scheintherapie bei 59 Männern, die auf PDE-5-Hemmer ansprachen. 65% mit LESWT und 20% mit Scheintherapie verbesserten sich mindestens um fünf IIEF-Punkte. Auch die penile Hämodynamik und Härte war in der Verumgruppe besser.

An der größten kontrollierten Studie nahmen immerhin 135 Männer teil, auch hier wurde gegen eine Scheintherapie verglichen. Erektile Härte und Funktion verbesserten sich unter der Stoßwellentherapie deutlich. Rund drei Viertel derer, die zuvor keine Spontanerektion bekommen konnten, schafften dies nach der Behandlung.

In einer Studie mit 55 PDE-5-Nonrespondern gelang fast der Hälfte nach der LESWT eine zur Penetration ausreichende Erektion (EHS mindestens 3 Punkte), aber keinem mit einer Scheinbehandlung.

Chinesische Studie mit anderen Ergebnissen

Eine chinesische Untersuchung kam hingegen zu dem Schluss, dass nur Patienten mit sehr schwerer ED mit dem Verfahren besser abschnitten als mit einer Scheinbehandlung. Schließlich ergab eine Studie mit 105 Teilnehmern bei der erektilen Funktion keine signifikanten Unterschiede zwischen LESWT und Scheinbehandlung, aber deutlich mehr Männer erreichten einen EHS-Wert von drei oder mehr Punkten (57 versus 9%).

Nur eine kontrollierte Studie zeigte überhaupt keinen Nutzen der Behandlung: Weder bei der sexuellen Funktion noch bei der penilen Härte unterschieden sich Stoßwellen- und Scheinbehandlung. An dieser Studie hatten 126 Männer teilgenommen.

"Kein klares Protokoll"

Die kontrollierten Studien mit überwiegend negativen Resultaten hatten einen sehr kleinen Anteil von kardiovaskulären Patienten, was darauf deuten könnte, dass solche Patienten eher profitieren, möglicherweise aber nur, wenn die penilen Gefäße noch nicht zu sehr geschädigt sind: In einigen der Untersuchungen waren die Resultate bei mehr als zwei kardiovaskulären Risikofaktoren ebenfalls nicht optimal, schreiben Kalka und Mitarbeiter.

Insgesamt seien die Therapieeffekte geringer als in Studien mit PDE-5-Hemmer, da jedoch keine Nebenwirkungen bekannt seien, könne die Stoßwellentherapie für einen Teil der Männer mit ED eine interessante Alternative sein.

Etwas skeptischer steht dem der Urologe Dr. Christian Leiber vom Uniklinikum Freiburg gegenüber. "Die Methode wird sicher an Bedeutung gewinnen", so Leiber in einem ARD-Beitrag.

Wie oft, wie lange, wie intensiv und mit welchem Gerät das Verfahren erfolgen solle, sei jedoch noch völlig unklar. "Es gibt derzeit sechs oder sieben Gerätehersteller, die Geräte sind alle sehr unterschiedlich, und es gibt kein klares Protokoll", bemängelt der Experte. Da die Resultate teilweise widersprüchlich seien, müsste die Wirksamkeit nun in größeren Studien geprüft werden. Leiber warnte daher vor allzu hohen Erwartungen.

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