Zwölf-Jahres-Studie

Inkontinenz nach der Geburt bleibt meist

Vier von fünf Frauen, die drei Monate nach einer Geburt an Harninkontinenz leiden, tun dies auch zwölf Jahre später noch. Selbst ein intensiviertes Blasentraining vermag diese Quote nicht zu senken.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:
Inkontinenz nach der Geburt: Die Suche nach konservativen Strategien muss weitergehen.

Inkontinenz nach der Geburt: Die Suche nach konservativen Strategien muss weitergehen.

© Wigger / DAK

ABERDEEN. Cathryn Glazener von der Universität im schottischen Aberdeen hat zusammen mit englischen und neuseeländischen Kollegen die Zwölf-Jahres-Ergebnisse einer Studie zur Inkontinenz post partum vorgelegt, deren Resultate nach einjähriger Intervention 1999 erschienen waren (BJOG 2013; online 22. Oktober).

Beteiligt waren 747 Frauen, die drei Monate nach der Geburt eines Kindes an Harninkontinenz gelitten hatten und in zwei Gruppen eingeteilt worden waren.

Die Frauen in der Interventionsgruppe absolvierten ein intensiviertes Beckenbodentraining unter mehrfacher Anleitung durch ausgebildetes Personal.

In der Kontrollgruppe erhielten die Frauen lediglich die übliche Geburtsvorbereitung, zu der manchmal auch Beckenbodenübungen gehörten, zudem konnten sie medizinischen Rat einholen.

Ernüchternde Daten schon nach sechs Jahren

Ein Jahr postpartal war die Bilanz der Intervention noch vergleichsweise positiv ausgefallen: Von den Frauen in der Interventionsgruppe waren noch 60 Prozent harninkontinent, in der Kontrollgruppe lag der Anteil bei 69 Prozent. Die Raten bei Stuhlinkontinenz betrugen 4 Prozent gegenüber 11 Prozent.

Aber schon die 2005 publizierten Sechs-Jahres-Ergebnisse waren ernüchternd: Der Effekt des Trainings hatte nicht angehalten, die Inkontinenzraten hatten sich angeglichen (76 bzw. 79 Prozent für Harn-, 12 bzw. 13 Prozent für Stuhlinkontinenz).

In beiden Gruppen trainierte nun nur noch jede zweite Frau die Beckenbodenmuskulatur - nach einem Jahr waren es in der Interventionsgruppe noch rund 80 Prozent gewesen.

Nur jede zweite Frau trainierte noch

Die Ergebnisse nach zwölf Jahren bestätigen den Trend. 83 Prozent der Teilnehmerinnen an der Intervention und 80 Prozent der Kontrollpatientinnen waren zu diesem Zeitpunkt harninkontinent, 19 Prozent bzw. 15 Prozent hatten eine Stuhlinkontinenz.

Der Anteil der weiter Trainierenden betrug in beiden Gruppen etwa 50 Prozent. Ein objektiv messbarer Organprolaps mit einer Senkung bis 1 cm oberhalb des Hymens oder tiefer lag in beiden Gruppen bei rund 64 Prozent der Frauen vor.

Die Suche nach konservativen Strategien gegen Inkontinenz und Prolaps nach der Geburt eines Kindes müsse weitergehen, fordern Glazener und ihr Team.

Dass es sich dabei nicht um ein Randproblem handelt, verdeutlicht ein Blick auf weitere Zahlen: 20 bis 30 Prozent aller Frauen sind nach einer Geburt harninkontinent, 3 bis 5 Prozent leiden an Stuhlinkontinenz.

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Was steckt hinter dem Alice-im-Wunderland-Syndrom, Dr. Jürgens?

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Lesetipps
Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken