Transplantation

Gute Prognose auch bei Nieren zweiter Wahl

Der langfristige Erfolg einer Leichennieren-Transplantation ist schlechter, wenn der Organspender nur den erweiterten Kriterien genügt. Durch geeignete Empfängerauswahl kann das Ergebnis aber erheblich verbessert werden.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Auch mit Organen von älteren oder kranken Spendern sind gute Transplantationsergebnisse zu erzielen.

Auch mit Organen von älteren oder kranken Spendern sind gute Transplantationsergebnisse zu erzielen.

© Jan-Peter Kasper / dpa

PARIS. Aufgrund des Mangels an Spenderorganen stammen in Europa heute schon bei etwa 50 Prozent der Leichennieren-Transplantationen die Organe von Spendern, die nicht die Standardkriterien erfüllen (standard criteria donors, SCD).

Spender mit erweiterten Kriterien (expanded criteria donors, ECD) haben entweder schon das 60. Lebensjahr erreicht oder sie sind zwischen 50 und 59 Jahre alt, leiden aber bereits an Gefäßerkrankungen.

Ausschlaggebend für das Langzeitergebnis einer Nierentransplantation mit ECD-Organen sind, einer französischen Studie zufolge, vor allem zwei Faktoren - die Anwesenheit von donorspezifischen Anti-HLA-Antikörpern (donor specific antibody, DSA) beim Empfänger zum Zeitpunkt der Transplantation und die Länge der kalten Ischämiezeit.

Sofern die Rezipienten keine DSA aufweisen und die Ischämiezeit unter 12 Stunden bleibt, ist das Transplantatüberleben ähnlich gut wie mit SCD-Organen (BMJ 2015; 351: h3557).

Die Studienautoren um Olivier Aubert vom INSERM in Paris empfehlen daher, speziell bei der Verteilung von ECD-Nieren diese beiden Kriterien stärker zu berücksichtigen.

Mehrheit lebt nach sieben Jahren noch

Die Ärzte haben den Erfolg von 2763 Transplantationen ausgewertet, die zwischen 2004 und 2011 vorgenommen worden waren. 916 Patienten (33,2 Prozent) hatten ECD-Nieren erhalten.

Nach sieben Jahren lebten noch 80 Prozent von ihnen mit dem Spenderorgan. In der Gruppe mit SCD-Nieren war dies bei 88 Prozent der Patienten der Fall.

Die Prognose der ECD-Patienten war besonders schlecht, wenn ihr Serum am Tag der Organverpflanzung positiv auf zirkulierende DSA getestet worden war (mittlere Floureszenzintensität über 500 Einheiten).

Die mittlere Lebenszeit einer ECD-Niere bei einem DSA-positiven Empfänger lag bei 4,6 Jahren - gegenüber 9,5 Jahren bei einem DSA-negativen Empfänger. Das Sieben-Jahres-Überleben betrug 44 versus 85 Prozent.

Zum Vergleich: Bei Patienten mit SCD-Nieren lag das Sieben-Jahres-Überleben bei 73 Prozent mit DSA und bei 90 Prozent ohne DSA. Damit war das Risiko, die Niere binnen sieben Jahren zu verlieren, bei DSApositiven ECD-Patienten 4,4-mal so hoch wie bei DSA-negativen und sogar 5,6-mal so hoch wie bei allen anderen Patienten zusammen.

Schon ein Jahr nach der Transplantation hatten die Nieren in der ECD-Gruppe mit DSA den stärksten Funktionsverlust. Auch die histologische Beurteilung fiel bei ihnen deutlich schlechter aus als bei ECD-Patienten ohne DSA.

Ob es zu einem Transplantatversagen kam, war bei ECD-Nieren außer vom Nachweis von DSA hauptsächlich von der kalten Ischämiezeit abhängig: Wenn die Konservierungszeit zwischen 12 und 24 Stunden lag, war das Risiko um den Faktor 2,5, bei Zeiten über 24 Stunden um den Faktor 3,8 erhöht.

Der Nachweis zirkulierender DSA am Tag der Operation ging mit einem 4,6-fach erhöhten Risiko einher. Dabei waren höhere DSA-Spiegel mit höheren Risiken für den Transplantatverlust verknüpft.

Im Gegensatz dazu hatte die bioptische Beurteilung der Spenderniere vor der Übertragung keinen eigenständigen Wert bei der Abschätzung der Prognose.

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