Mammografie: Viele Vorteile, einige Schwachstellen

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Ein Mammogramm wird begutachtet: ist ein Mammakarzinom vorhanden?

Ein Mammogramm wird begutachtet: ist ein Mammakarzinom vorhanden?

© Steffen Schellhorn / imago

Die regelmäßige Teilnahme am Mammografie- Screening zur Früherkennung von Brustkrebs bietet Chancen. Aber diese Maßnahme stößt auch an ihre Grenzen, über die man die Patientinnen vorab eingehend informieren sollte.

Von Ingrid Kreutz

Über Nutzen und Risiken des Mammografie-Screening zur Früherkennung von Brustkrebs ist bereits viel diskutiert worden. Doch eines ist inzwischen klar: Bei Frauen, die regelmäßig an einem solchen Screening teilnehmen, lässt sich die Brustkrebssterberate um etwa 30 Prozent reduzieren.

Ergebnisse einer Langzeitstudie seit den 70er Jahren

Das bestätigen die Ergebnisse einer Langzeitstudie (Radiology 2011; online 28. Juni). Die Forscher haben eine aktuelle Datenanalyse von Teilnehmerinnen des seit Ende der 1970er Jahre laufenden Swedish Two-County Trial vorgelegt.

Insgesamt 133.065 Frauen im Alter zwischen 40 und 74 Jahren aus zwei schwedischen Regionen wurden entweder zur Teilnahme an einem Mammografie-Screening eingeladen oder einer Kontrollgruppe mit der üblichen ärztlichen Versorgung zugeteilt.

Früherkennungsmaßnahme schützt eine von 300 Frauen

Aus den Daten haben die Forscher errechnet: Nehmen 300 Frauen zehn Jahre lang an der Früherkennungmaßnahme teil, wird eine von ihnen vor dem Tod durch Brustkrebs gerettet. Oder anders ausgedrückt: Wenn 1000 Frauen im Alter zwischen 40 und 69 Jahren alle zwei Jahre an einem Mammografie-Screening teilnehmen, werden 8 bis 11 Brustkrebstodesfälle verhindert.

Ob dies nun für die einzelne Frau ein großer oder nur geringer Nutzen ist, darüber wird derzeit heftig diskutiert. "Wenn wir die absoluten Ergebnisse der Studien bewerten, müssen wir berücksichtigen, dass im Rahmen des Mammografie-Screening primär gesunde Frauen untersucht werden", sagte Professor Ingrid Schreer von der Radiologischen Allianz in Hamburg zur "Ärzte Zeitung".

"Das Screening bietet Chancen, die man nutzen sollte, auch wenn es keine Garantie gibt, dass es mir persönlich als Frau etwas nützt", so die Ehrenpräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Senologie.

"Falscher Alarm lässt sich nicht ganz ausschließen"

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Vor allem die Folgen, die aus der Heterogenität der Mammakarzinome resultieren, seien den Frauen oft schwer zu vermitteln: Einerseits überleben bei einem Tumor von weniger als 10 mm Durchmesser immerhin 96 Prozent der Betroffenen die nächsten 20 Jahre. Aber man müsse den Frauen sagen, dass man auch an einem nur 10 mm großen Mamma-Ca sterben kann, wenn es zur frühen Metastasierung gekommen ist.

Ins Visier der Kritiker rücken auch häufig die nicht seltenen falsch-positiven Befunde beim Mammografie-Screening. "Falscher Alarm lässt sich nicht ganz ausschließen", räumt die Hamburger Radiologin ein.

20 von 200 Teilnehmerinnen werde im Laufe von 20 Jahren aufgrund eines verdächtigen Befundes zu einer Gewebeentnahme geraten, und bei 10 von diesen Frauen stelle sich der Verdacht dann aber letztlich als unbegründet heraus. "Das müssen wir den Frauen vor der Untersuchung sagen", so Schreer. Jede Frau solle umfassend informiert sein, bevor sie sich für eine Maßnahme entscheide, die in ihr Leben eingreift.

Bei dichtem Brustdrüsengewebe kann sich die Sensivität der Methode verringern

Die Mammografie hat eine hohe Sensitivität, aber es werden damit auch Karzinome übersehen. "Ja, auch die Mammografie hat ihre deutlichen Grenzen, und das fängt mit der Dichte des Drüsengewebes an", so Schreer.

Bei dichtem Brustdrüsengewebe sei die Sensitivität der Methode deutlich reduziert. Die Hamburger Radiologin hält es daher für sehr wünschenswert, dass Frauen mit dichtem Brustdrüsengewebe im Rahmen des Mammografie-Screening zusätzlich noch eine Ultraschalluntersuchung erhalten könnten.

Sinnvoll seien auch kürzere Screening-Intervalle, um die Rate der Intervall-Karzinome zu verringern.Sind durch regelmäßige Mammografie Strahlenschäden zu befürchten? Schreer hat in dieser Hinsicht keine Bedenken.

Ab 30. Lebensjahr nimmt Strahlensensibilität des Brustgewebes ab

Aktuelle US-Studiendaten bestätigten die Altersabhängigkeit der Strahlensensibilität des Brustgewebes. Demnach ist die Strahlensensibilität in der Pubertät und im Alter bis 29 Jahre zwar recht hoch, ab dem 30. Lebensjahr nimmt sie jedoch stark ab. Der Nutzen der Untersuchung sei dann eindeutig höher als das theoretisch bestehende Strahlenrisiko, so die Expertin.

Negative Schlagzeilen hat das Mammografie-Screening vor Kurzem aufgrund einer aktuellen Studie gemacht. Diese kam zu dem Ergebnis, dass das Röntgenscreening wohl keinen Einfluss auf die Brustkrebssterberate hat (BMJ 2011; 343: d4411).

Forscher haben die Brustkrebssterberate in mehreren europäischen Ländern verglichen, in denen das Mammografie-Screening zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit jeweils zehn bis 15 Jahren Differenz eingeführt wurde.

Brustkrebssterberate ging zwischen 1989 und 2006 in ähnlichem Maße zurück

Ergebnis: In allen Ländern ging die Brustkrebssterberate zwischen den Jahren 1989 und 2006 in ähnlichem Maße zurück. Daraus schließen die Autoren, dass das Screening keinen direkten Einfluss auf die Mortalität hat.

Die Methodik dieser Studie wird jedoch kritisiert. So bemängelt der wissenschaftliche Beirat der Kooperationsgemeinschaft Mammographie, dass es sich lediglich um eine retrospektive Trendanalyse handle, die für Verzerrungen sehr anfällig sei.

Man könne verschiedene Länder nicht einfach miteinander vergleichen, weil sie eine unterschiedliche Hintergrundinzidenz an Brustkrebs aufwiesen, sagte Beiratsmitglied Professor Walter Heindel aus Münster zur "Ärzte Zeitung".

Reduktion der Mortalität offenbar auf verbesserte Therapie zurückzuführen

Professor Schreer teilt die Meinung der Kooperationsgemeinschaft. Diese Studie könne nicht dazu genutzt werden, um zu sagen "Screening-Mammografie bringt nichts!"

Schreer: "Wir wissen, dass der Rückgang der Brustkrebssterberate ein Kombieffekt ist von Screening und besserer adjuvanter Therapie. Man geht davon aus, dass die Reduktion der Mortalität zu etwa einem Drittel auf die verbesserte Therapie zurückzuführen ist. "

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