Betriebsarzt motiviert Darmkrebs-Vorsorgemuffel

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Es lohnt sich, bei der Darmkrebsvorsorge die Zusammenarbeit mit Betrieben zu suchen. Das ist die Erfahrung von Dr. Uwe Gerecke. Denn so lassen sich auch Vorsorgemuffel, die selten ihren Hausarzt aufsuchen, motivieren.

Von Kerstin Mitternacht

Dr. med. Uwe Gerecke

© VDWB

Aktuelle Position: Dr. Uwe Gerecke ist Facharzt für Arbeitsmedizin, Umweltmedizin, Sportmedizin, Notfallmedizin, Suchtmedizin, Qualitätsmanagement und Disability Management (CDMP) und derzeit als Leiter des Betriebsärztlichen Dienstes der Stadtwerke Hannover AG tätig.

Werdegang/Ausbildung: Nach seiner allgemeinmedizinischen Ausbildung startete Gerecke vor 24 Jahren seine Tätigkeit als Betriebsarzt. Seit 1991 arbeitet er für die Stadtwerke Hannover AG. Seit 1997 ist er zudem Vorsitzender des Landesverbandes Niedersachsen des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) und seit 2007 Mitglied des Präsidiums VDBW.

Außerdem betreut der Betriebsarzt mit seinem Praxisteam Kleinbetriebe mit zwei bis 30 Mitarbeitern, mittelgroße Unternehmen mit 50 bis 200 Beschäftigten und mit der Deutschen Messe AG ein zum Teil weltweit tätiges Dienstleistungsunternehmen mit 800 Beschäftigten.

Gerecke ist seit vielen Jahren in der Ärztekammer und den unterschiedlichsten Gremien auch auf Bundesebene (z.B. BMG und BMAS für betriebliche Gesundheitsförderung und psychische Gesundheit, im Ausschuss für Arbeitsmedizin und Nationalem Krebsplan und Delegierter des Deutschen Ärztetages) berufspolitisch engagiert.

HANNOVER. Für Betriebsarzt Dr. Uwe Gerecke ist immer Darmkrebsmonat: Jedes Jahr führt er bei den Mitarbeitern von enercity, der Stadtwerke Hannover AG, 300 bis 400 Tests zur Darmkrebsfrüherkennung durch.

In Aktionsjahren, wenn zusätzlich Plakate und Fernseh-Werbespots auf den "Darmkrebsmonat März" aufmerksam machen, "sind es etwa 600 Tests", sagt Gerecke.

Seit zehn Jahren klärt der Betriebsarzt die etwa 2500 Mitarbeiter der Stadtwerke über Vorsorge und Früherkennung auf.

In den Aktionsjahren wird auch im Betrieb zusätzlich auf die Darmkrebsfrüherkennungsuntersuchung aufmerksam gemacht, mit Plakaten, im Intranet und in der Mitarbeiterzeitung.

Dabei bekommt der Betriebsarzt Unterstützung von der Kommunikationsabteilung des Unternehmens und den Mitarbeitern des Gebäudemanagements, die sich zum Beispiel um die Plakate kümmern.

Für die Früherkennungsuntersuchung nutzt Gerecke einen immunologischen Test. Dieser erkennt Blut im Stuhl, was ein Hinweis auf Veränderungen im Darm sein und damit etwa auf eine Vorstufe von Darmkrebs sein kann.

Ein Test kostet etwa 3,50 Euro

"Ich konnte die Geschäftsleitung überzeugen, diese etwas teureren Tests zu benutzen, weil sie meiner Meinung nach zuverlässiger sind als herkömmliche Tests", so Gerecke, der seit 1991 Betriebsarzt bei den Stadtwerken in Hannover ist. Ein Test kostet laut Gerecke etwa 3,50 Euro, das seien im Jahr rund 2.000 Euro Materialkosten.

Wichtig ist dem Betriebsarzt vor allem die Aufklärung, auch über mögliche Risiken oder fehlerhafte Tests. Falsch positive Ergebnisse, die Patienten beunruhigen können, kommen aber mit diesen immunologischen Tests seltener vor, weiß Gerecke aus Erfahrung.

Bei der letzten Darmkrebsfrüherkennungsaktion entdeckte der Betriebsarzt bei einem erst 39 Jahre alten Mitarbeiter Darmkrebs. "So etwas spricht sich natürlich schnell herum und sensibilisiert Kollegen, die sich dann auch gerne testen lassen", berichtet Gerecke.

Etwa zehn Prozent der Testergebnisse seien positiv. "Diese Mitarbeiter werden dann aufgefordert, eine Koloskopie zu machen. Dabei wird bei etwa jedem Fünften ein adenomatöser Polyp entfernt. Kolonkarzinome haben wir dreimal entdeckt", so der Betriebsarzt.

 Jeder zweite Beschäftigte über 45 Jahren nimmt teil

Mitarbeiter mit einem auffälligen Befund werden an ihren Hausarzt weiterverwiesen. "Wir arbeiten sehr eng mit den Hausärzten und Fachärzten zusammen", sagt Gerecke. Auch hakt er immer noch einmal nach, ob der Patient seinen Hausarzt wirklich aufgesucht hat. Ihm geht es bei der Aktion auch darum, gerade die Mitarbeiter aufzuklären, die nicht regelmäßig zum Arzt gehen.

An der Darmkrebsfrüherkennung nimmt etwa jeder zweite Beschäftigte über 45 Jahren teil. Gerecke spricht die Mitarbeiter das ganze Jahr über im Rahmen der routinemäßigen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung auf die Möglichkeit der Früherkennungstests an.

Bei der Belegschaft komme das Angebot gut an, sagt Gerecke. So bekämen die Mitarbeiter grundsätzlich mehr Bewusstsein für ihre Gesundheit. Dies zeige sich auch am gesunden Essen, das im Betriebsrestaurant angeboten wird oder beim Betriebssport, an dem etwa 1.300 Mitarbeiter teilnehmen. Sie können immerhin zwischen 30 verschiedenen Sportarten wählen.

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