Kommentar des Experten

Deutsches Zentrum für Diabetesforschung startet

Für Diabetesforschung hat der Haushaltsausschuss des Bundestages über 300 Millionen Euro bewilligt. Ziel ist eine individuelle Prävention und Therapie.

Von Prof. Hellmut Mehnert Veröffentlicht:

Professur Hellmut Mehnert

Jeder vierte Mensch in Deutschland befindet sich im Stadium eines Prädiabetes oder eines Diabetes. Das ist eine erschreckende Zahl für eine Volkskrankheit, die ständig zunimmt.

Umso erfreulicher ist die Nachricht, dass der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages erste Mittel für ein deutsches Zentrum für Diabetesforschung bewilligt hat. Nicht zuletzt dank der Initiative des wissenschaftlich-technischen Geschäftsführers des Helmholtz-Zentrums München, Professor Günther Wess, werden für die Erforschung der Volkskrankheit Diabetes 2009 5 Millionen Euro und in den nächsten zehn Jahren weitere Mittel in Höhe von insgesamt über 300 Millionen Euro in das neue Zentrum fließen.

Beteiligte Partner außer dem renommierten Helmholtz-Zentrum (einschließlich der Forscher-Gruppe Diabetes München) sind zunächst das Deutsche Diabetes Zentrum Düsseldorf, das Deutsche Institut für Ernährung in Potsdam sowie die Universitätskliniken Tübingen und Dresden. Wess erklärte hierzu: "Mit der Einrichtung dieses Zentrums wollen wir über ein integriertes Rezept das systemische Verständnis des Diabetes verbessern und so hin zu einer personalisierten Prävention und Therapie entwickeln." Auf diese Weise können neueste biomedizinische Techniken stärker als bisher für die Erforschung der Erkrankung eingesetzt werden. Der Wunschtraum ist, dass damit individuelle Risikofaktoren und Mikromarker zur Diabetesfrüherkennung identifiziert werden können. Prävention und Therapie - und damit eine patientenbezogene Forschung - stehen im Mittelpunkt.

Wie sehr die Grundlagenforschung rasch krankheits- und patientenwirksam zum Tragen kommt, haben Beispiele in den letzten Jahrzehnten gezeigt. So führte die zunächst scheinbar rein theoretische Inkretinforschung, vor allem der Gruppe von Werner Creutzfeldt, zu der Entwicklung von GLP1-Mimetika und DPP4-Hemmern und brachte damit die für Diabetiker so segensreiche Wirkung des sonst rasch abgebauten Darmhormons Glucagon like Peptide 1 (GLP1) zur Wirkung. Dabei werden insulinotrope und nicht-insulinotrope sowie womöglich betazellproduktive Effekte ins Spiel gebracht: Die vermehrte Blutzuckersenkende Insulinsekretion erfolgt dabei im Gegensatz zur Wirkung der nicht ungefährlichen Sulfonylharnstoffe nur dann, wenn die Glukosespiegel erhöht sind. Hypoglykämien sind damit ausgeschlossen.

Ein weiteres Beispiel für fruchtbare Grundlagenforschung ist die gentechnische Herstellung von Insulinen durch Mikroorganismen, wozu vor allem die Entwicklung von Insulin- analoga (ganz kurz oder sehr lang wirkenden Insulinen) zu rechnen ist.

Es ist ein medizinischer Glücksfall von großer praktischer Bedeutung, dass der Haushaltsausschuss die singuläre Stellung der Volkskrankheit Diabetes zu würdigen weiß. Das künftige Diabetes-Zentrum wird die bundesweiten Forschungskompetenzen bündeln und neue schlagkräftige Strukturen mit direkter klinischer Anbindung schaffen. Die deutschlandweite Kooperation von kooperierenden (und nicht konkurrierenden) geeigneten Partnern soll vorbildlich werden.

Patienten und Ärzte wünschen dem anspruchsvollen Vorhaben vollen Erfolg, damit das Schicksal der vom Diabetes Betroffenen verbessert wird: durch Früherkennung, Prävention, Therapie und Vermeidung oder Verzögerung und Abschwächung diabetischer Folgeschäden.

Professor Hellmut Mehnert

Diabetologie, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten - diesen Themen widmet sich Professor Hellmut Mehnert seit über 50 Jahren. 1967 hat Mehnert die weltweit größte Diabetes-Früherfassungsaktion gemacht. Er hat auch das erste und größte Schulungszentrum für Diabetiker in Deutschland ins Leben gerufen. Mehnert ist Träger der Paracelsus-Medaille, der höchsten Auszeichnung der Deutschen Ärzteschaft.

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