Diabetische Nephropathie gestern und heute

Nephropathie bei Diabetikern bedeutet gesteigerte Morbidität und Mortalität, besonders an Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Von Prof. Hellmut Mehnert Veröffentlicht:

Die Nephropathie bei Diabetes verzeichnet eine steigende Tendenz, so macht sie unter neu dialysepflichtig gewordenen Patienten bereits etwa die Hälfte aus. Wuchtig sind die bei Diabetikern im Vergleich zu anderen niereninsuffizienten Patienten mit anderen Grundkrankheiten deutlich gesteigerte Morbidität und Mortalität und besonders - darauf muss man immer hinweisen - die erheblich gesteigerte kardiovaskuläre Todesrate solcher Patienten.

Professur Hellmut Mehnert.

Zu Beginn der Erkrankung wird eine glomeruläre Hyperfiltration mit einer sonografisch gut erfassbaren vergrößerten Niere festgestellt. Fünf Stadien werden insgesamt unterschieden, die nach diesem Befund sich dann über die Normoalbuminurie, beginnende diabetische Nephropathie, manifeste Erkrankung bis hin zur terminalen Niereninsuffizienz steigern. Im Durchschnitt vergehen zehn bis 15 Jahre von der Diagnosestellung des Diabetes bis hin zur Manifestation der Nierenerkrankung. Wichtig hat sich als früher Marker die Mikroalbuminurie erwiesen, die unbedingt bereits Anlass zur Therapie mit ACE-Hemmern oder Sartanen geben sollte, weil auf diese Weise die Notwendigkeit zur Dialyse unter Umständen weit hinausgeschoben werden kann.

Die Indikation für eine Nierenbiopsie ist nur in Ausnahmefällen gegeben, so zum Beispiel bei Fehlen einer Retinopathie und anderer Verdachtsmomente auf eine Glomerulo- sklerose.

Gerade beim Typ-2-Diabetes ist die Korrelation zwischen Retinopa-thie und Nierenerkrankung weniger ausgeprägt als beim Typ-1-Diabetes. Hier ist differenzialdiagnostisch an eine ischämische Nephropathie aufgrund der Makroangiopathie zu denken. Bei Prophylaxe und Therapie sind Blutzucker und Blutdruck sofort scharf einzustellen. Ein HbA1c-Wert unter 7 Prozent, besser noch unter 6,5 Prozent, ist anzustreben. Mindestens ebenso wichtig ist die strenge Blutdruckeinstellung mit einer Normalisierung bis hin zu 120/80 mmHg. Gegebenenfalls müssen die Eiweiß- und die Kochsalzzufuhr eingeschränkt und natürlich müssen Patienten mit Infektionen antibiotisch intensiv behandelt werden. Wie bei der Prophylaxe sind ACE-Hemmer und Sartane die bevorzugten Antihypertensiva bei diabetischer Nephropathie.

Bei renaler Anämie kann der Einsatz von Erythropoetin sinnvoll sein, da ein Hämoglobinwert unter zwölf Gramm/dl die Sterberate deutlich erhöht. Wichtig ist, dass im Stadium fünf bei terminalen Nierenpatienten die Dialyse frühzeitig eingeleitet wird. Das bedeutet, dass in der Regel die Dialysebehandlung bei der glomerulären Filtrationsrate von 15 bis 20 ml/Minute gestartet werden sollte. Die kombinierte Nieren-Pankreas-Transplantation bietet nach der Dialyse bei ausgewählten Patienten deutliche Vorteile, wird doch interessanterweise auch die Persistenz eines funktionierenden, transplantierten Pankreas durch die gleichzeitige Nierentransplantation bei einem Patienten verbessert.

Noch ein Hinweis für die Praxis, gerade im Hinblick auf medikamentöse Kontraindikationen, wie sie zum Beispiel für Metformin gelten: nicht der alleinige Kreatininwert, sondern die glomeruläre Filtrationsrate (im Falle des Metformin bei unter 60 ml/Minute) sollte als Kontraindikation dienen. Die meisten Labors drucken diese brauchbaren wichtigeren Werte aus und erlauben damit eine wesentlich bessere altersunabhängige Beurteilung der Niereninsuffizienz, als es der alleinige Kreatinwert vermag.

Professor Hellmut Mehnert

Diabetologie, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten - diesen Themen widmet sich Professor Hellmut Mehnert seit über 50 Jahren. 1967 hat Mehnert die weltweit größte Diabetes-Früherfassungsaktion gemacht. Er hat auch das erste und größte Schulungszentrum für Diabetiker in Deutschland ins Leben gerufen. Mehnert ist Träger der Paracelsus-Medaille, der höchsten Auszeichnung der Deutschen Ärzteschaft.

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