Hintergrund

Der steinige Weg zum Medizinstudium

Wer Medizin studieren will, braucht nicht nur gute Noten. Eines von drei Auswahlverfahren muss der Bewerber durchlaufen. Je nach Uni variieren die Hürden.

Von Anja Krüger Veröffentlicht:
Glück gehabt: Wer als Medizinstudent einen der Stühle im Hörsaal besetzt, hat bis zu drei Auswahlverfahren durchlaufen.

Glück gehabt: Wer als Medizinstudent einen der Stühle im Hörsaal besetzt, hat bis zu drei Auswahlverfahren durchlaufen.

© Michael Chamberlin / fotolia.com

Auch wenn Medienberichte aus den vergangenen Wochen etwas anderes vermuten lassen: Bei der Vergabe von Medizinstudienplätzen ist keineswegs das Chaos ausgebrochen - und das wird auch nicht geschehen. Immer wieder hatten Berichte die Runde gemacht, dass Softwareprobleme zu Verzögerungen bei der Vergabe von Studienplätzen mit Numerus clausus führten.

Aber: Studienplätze für Human-, Zahn- und Tiermedizin sowie Pharmazie werden nicht über das neue, online-gestützte "Dialogorientierte Service-Verfahren" verteilt, um das es in den Meldungen geht. Dieses Verfahren soll ab dem kommenden Wintersemester eingeführt werden. Es gelte aber nur für die übrigen zulassungsbeschränkten Fächer.

"Für die Studienplatzvergabe in den Medizinstudiengängen wird sich nichts ändern", sagt Kerstin Lütge-Varney, Sprecherin der Stiftung für Hochschulzulassung in Dortmund. Das ist die Nachfolge-Organisation der ZVS, der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen.

Unis haben eigene Auswahlkriterien

Von den zur Verfügung stehenden Plätzen einer Hochschule werden 20 Prozent an die Bewerber mit der besten Abiturnote vergeben. Bei weiteren 20 Prozent ist die Wartezeit entscheidend. Den größten Teil der Plätze, 60 Prozent, vergeben die Hochschulen nach eigenen Auswahlkriterien.

"Jeder Bewerber hat die Möglichkeit, sich für ein Auswahlverfahren zu entscheiden oder alle drei Wege zu gehen", sagt Lütge-Varney. Interessenten geben bei ihrer Bewerbung die bevorzugten Universitäten an - nur für die genannten bis zu sechs Standorte können sie einen Platz bekommen.

Die Stiftung prüft, ob der Kandidat unter die 20 Prozent der Anwärter mit den besten Abiturnoten fällt. Ist das nicht der Fall, hat er möglicherweise über die Wartezeit-Quote Erfolg. Gelingt auch das nicht, kommt noch der Weg über die hochschulinterne Auswahl in Frage.

"Die Hochschule kann selbst festlegen, welche Auswahlkriterien sie anwendet", erläutert Lütge-Varney. Diese Kriterien können von Semester zu Semester verändert werden. "Die Erfahrung zeigt aber, dass das selten geschieht", resümiert die Stiftungssprecherin.

Zum Standort bekennen

An einigen Hochschulen wie Münster spielt auch bei der hochschulinternen Auswahl nur die Note eine Rolle. Mit einer Ausnahme: Hier müssen Bewerber bei der Ortspräferenz Münster als ersten Standort genannt haben. "Wir wollen, dass sich Bewerber zur Universität bekennen", sagt der Sprecher der medizinischen Fakultät Dr. Thomas Bauer.

Die für ihren Reformstudiengang bekannte Universität Witten/Herdecke vergibt Studienplätze unabhängig von der Stiftung nach einem eigenen Auswahlverfahren. Interessierte können mit Hilfe von drei verschiedenen Auswahlverfahren an einen Medizinstudienplatz kommen.

Andernorts werfen die Verantwortlichen bei der internen Auswahl auch einen Blick auf die Einzelnoten etwa in Biologie oder Chemie. Einige Universitäten laden Aspiranten zu Auswahlgesprächen ein, etwa die Charité-Universitätsmedizin Berlin oder die Universitäten Erlangen-Nürnberg und Lübeck.

"Die Bewerber werden unter anderem nach ihrem Engagement während der Schulzeit gefragt, etwa nach Praktika", erklärt Lütge-Varney. Auch andere persönliche Erfahrungen werden angerechnet.

Manche Unis geben Bonus für abgeschlossene Berufsausbildung

Im Auswahlverfahren für das kommende Sommersemester gewährt die Universität Erlangen-Nürnberg Kandidaten mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung mit medizinischem Hintergrund einen Bonus von 0,1 auf die Durchschnittsnote.

Auch andere Hochschulen belohnen eine Berufsausbildung. In Tübingen und Heidelberg punkten Bewerber mit der Teilnahme an Wettbewerben zu Forschung und Bildung.

Die medizinischen Fakultäten in Bochum, Erlangen-Nürnberg, Freiburg, Heidelberg, Leipzig, Lübeck, Mainz, Tübingen und Ulm beziehen in ihre Auswahl die Ergebnisse des Tests für medizinische Studiengänge ein.

Diese Tests finden an verschiedenen Orten in Deutschland zum gleichen Zeitpunkt jeweils für das Sommer- und das Wintersemester statt. Allerdings: Jeder Teilnehmer hat nur einen Versuch.

www.hochschulstart.de www.tms-info.org

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