MRSA

Die Gefahr kommt aus dem Jauchefass

Wer in der Nähe eines Schweinemastbetriebes wohnt, hat ein erhöhtes Risiko, sich mit MRSA zu infizieren. Denn: Viele Tiermäster bringen verseuchte Gülle auf die Felder aus.

Von Dr. Elke Oberhofer Veröffentlicht:
Die Hauptursache für die Ausbreitung ambulant erworbener MRSA liegt in der Tiermast.

Die Hauptursache für die Ausbreitung ambulant erworbener MRSA liegt in der Tiermast.

© Roland Weihrauch / dpa

MÜNCHEN. Die MRSA-Rate an Staphylococcus-aureus-Isolaten in Deutschland lag 1990 noch bei einem Prozent, dagegen waren 2007 schon 20 Prozent der Isolate resistent gegen die Standardtherapeutika Methicillin oder Oxacillin.

Mittlerweile hat sich die Lage zwar stabilisiert, berichtete Prof. Gerd Fätkenheuer, Köln, auf dem Internisten-Update in München. Aber resistente Erreger verbreiten sich zunehmend auf ambulantem Wege.

In den USA; hier übersteigt der Anteil der "community acquired MRSA" (cMRSA) bereits den der nosokomial erworbenen Fälle. Aber auch in Deutschland gab es bereits Fälle von cMRSA-Infektionen.

Blutstrominfektionen: NRW besonders, Bayern kaum betroffen

Die Hauptursache für die Ausbreitung ambulant erworbener MRSA liegt nach Fätkenheuer im Antibiotikaeinsatz in der Tiermast.

In Deutschland werden 85 Prozent aller Antibiotika in landwirtschaftlichen Betrieben eingesetzt, nur 15 Prozent in der Humanmedizin.

Die Tiere scheiden resistente Erreger aus, die dann mit dem Dünger auf die Felder gelangen. Damit können sich die MRSA-Stämme im Umland verbreiten.

"Je näher man an diesen Feldern wohnt, desto höher ist das Risiko, sich mit MRSA-Erregern zu infizieren", sagte Fätkenheuer.

Dem Experten zufolge gehen auch viele in Krankenhäusern auftretende MRSA-Infektionen auf tierische Stämme zurück.

Einer Studie zufolge war dies in 30 Prozent der Fall. 2011 wurden dem Robert-Koch-Institut (RKI) 4216 Fälle von MRSA-Bakteriämien gemeldet.

Am höchsten war die Rate der Blutstrominfektionen in Nordrhein-Westfalen (24,8 Prozent) und Berlin (26,8 Prozent). Am wenigsten betroffen war Bayern mit 9,9 Prozent.

MRSA-Prävalenz in USA höher

Das RKI schreibt bei Klinikpatienten mit erhöhtem Risiko ein MRSA-Screening vor. Positiv getestete Personen sind zu isolieren und zu dekolonisieren. Dieses Vorgehen wird international allerdings heftig diskutiert.

So haben kürzlich die Autoren einer Studie (NEJM 2013; 368: 2255-65) gefordert, auf das Screening komplett zu verzichten und dafür alle Intensivpatienten rigoros mit Mupirocin-Nasensalbe und täglichen Chlorhexidinwaschungen zu dekolonisieren.

Ergebnis ihres Vergleichs mit 74.000 Patienten auf 74 Intensivstationen: Durch radikale Dekolonisierung ging die MRSA-Besiedelung um 37 Prozent zurück. Dagegen blieb das Standardvorgehen ohne nennenswerten Effekt.

Nach Fätkenheuer lassen sich solche Daten allerdings nur bedingt auf Deutschland übertragen; schließlich sei hierzulande die MRSA-Prävalenz deutlich niedriger als in den USA.

Die Behandlung einer Blutstrominfektion mit Staphylococcus aureus erfolgt heute bevorzugt mit Flucloxacillin, und zwar hoch dosiert intravenös und über mindestens zwei Wochen, mahnte der Experte.

Vancomycin sei in der Wirksamkeit deutlich schwächer; als erste Alternative komme Daptomycin infrage.

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