Präventionsprojekt

Geschockte Jugendliche in der Unfallklinik

Mit einem Besuch in der Unfallklinik sollen Jugendliche für die Gefahren des Straßenverkehrs sensibilisiert werden – für viele ein "unvergessliches" Erlebnis.

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Wahrend der Aktionswoche im Mai wird Schulklassen im Rahmen des Präventivprojekts P.A.R.T.Y der Besuch in einer Unfallklinik angeboten.

Wahrend der Aktionswoche im Mai wird Schulklassen im Rahmen des Präventivprojekts P.A.R.T.Y der Besuch in einer Unfallklinik angeboten.

© European Hospital

BERLIN. Vielen Jugendlichen dürfte diese Aktionswoche lang im Gedächtnis bleiben: Im Klassenverband besuchen sie Anfang Mai eine Unfallklinik in ihrer Region und erleben einen Tag lang, wie Schwerverletzte nach einem Verkehrsunfall versorgt werden – intensive Eindrücke, die hoffentlich dafür sorgen werden, dass die jungen Leute selbst die Gefahren besser einschätzen lernen.

Hinter der bundesweiten Aktionswoche vom 8. bis zum 12. Mai stecken die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und die Akademie der Unfallchirurgie (AUC). Das Präventionsprojekt trägt den vielsagenden Titel P.A.R.T.Y. (die Abkürzung steht für "Prevent Alcohol and Risk Related Trauma in Youth") und richtet sich an Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren.

Ziel ist es, Jugendliche darin zu bestärken, dass sie im Straßenverkehr keine unnötigen Risiken eingehen. Die deutschen Unfallchirurgen beteiligen sich damit an der weltweiten Woche der Verkehrssicherheit ("Fourth UN Global Road Safety Week") vom 8. bis zum 14. Mai.

Kluge Entscheidungen treffen

Die P.A.R.T.Y.-Woche findet bereits zum dritten Mal statt. Diesmal sind bundesweit über 20 Traumazentren der Initiative TraumaNetzwerk DGU mit dabei. DGU-Präsident und Unfallchirurg Professor Ingo Marzi sagt: "Wer einmal hautnah erlebt, welche Folgen ein Verkehrsunfall haben kann, vergisst das nie wieder."

Professor Bertil Bouillon, der die Initiative aufgebaut hat, ergänzt: "Jugendliche sollen aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen am P.A.R.T.Y.-Tag in die Lage versetzt werden, in kritischen Situationen kluge Entscheidungen zu treffen. Denn riskantes Verhalten oder Fahren unter Alkohol gefährdet nicht nur Jugendliche selbst, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer."

Unfallopfer erzählen

Beim sogenannten Trauma-Rundgang durch die Unfallklinik erfahren die Schüler, wie die Versorgung von schwerverletzten Unfallopfern abläuft: vom Rettungswagen oder dem Helikopter in den Schockraum, von der Intensivstation über die Normalstation und die physiotherapeutische Betreuung. Auf den Stationen lernen die Jugendlichen akut Verletzte oder ehemals Schwerverletzte kennen. Die Patienten berichten, wie sich ihr Leben durch einen Unfall verändert hat und welche familiären oder beruflichen Folgen er hatte. Eine von ihnen ist zum Beispiel Christin Forster, die in einem Münchner Klinikum über den Unfall, die Ursachen und die Zeit danach berichtet.

In einigen Kliniken steht auch ein Mittagessen mit Handicap auf dem Programm. Dabei tragen die Jugendlichen eine Armschlinge oder ein Stiffneck (Halswirbelsäulen-Schiene). Damit werden sie in die Lage eines verletzten Patienten versetzt und herausgefordert, vermeintlich einfache Dinge des täglichen Lebens zu erledigen. Darüber hinaus halten Unfallchirurgen und Polizisten Vorträge – ohne erhobenen Zeigefinger. Der Rundgang in der Klinik und Gespräche mit Patienten sollen wesentlich dazu beitragen, dass die Jugendlichen ungefilterte Eindrücke und persönliche Schockmomente hautnah erleben und so dafür sensibilisiert werden, sich im Straßenverkehr achtsam zu verhalten.

Junge Verkehrsteilnehmer im Alter zwischen 15 und 25 Jahren sind nach wie vor die größte Risikogruppe auf deutschen Straßen, heißt es in einer Mitteilung der DGU. Ihr Unfall- und Sterberisiko im Straßenverkehr ist mit Abstand das größte. Im Jahr 2016 verloren laut Statistischem Bundesamt 519 Menschen in dieser Altersgruppe bei Verkehrsunfällen ihr Leben – 13.381 trugen schwere Verletzungen davon. Insgesamt verunglückten im vergangenen Jahr 3206 Menschen bei Verkehrsunfällen tödlich. 67.399 Menschen aller Altersgruppen erlitten schwere Verletzungen.

Die Gründe, warum junge Menschen im Straßenverkehr zum Risiko für sich und andere werden, sind vielschichtig und reichen von unangepasster Geschwindigkeit und fehlender Fahrpraxis über die Handynutzung am Steuer sowie dem Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss bis hin zu hoher Risikobereitschaft. (eb)

Mehr über die Aktion:

www.party4school.de

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