Schon Galilei und Newton bogen ihre Meßergebnisse zurecht

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Konkurrenzneid und Fälscherei in der Wissenschaft sind so alt wie die Wissenschaft selbst: Schon Ptolemäus, Galilei und Newton eliminierten aus ihren Meßreihen alles, was ihnen nicht in den Kram paßte, schrieben von ihren Kollegen ab oder publizierten Ergebnisse, die sie gar nicht selbst erarbeitet hatten.

Mendels Kreuzungsversuche lassen sich heute nicht mehr nachvollziehen und legen damit den Verdacht nahe, daß auch der fromme Pionier der Vererbungslehre manche Unkorrektheit beging - doch auf der anderen Seite so genial war, daß er aus "krummen" Meßwerten eine kohärente Theorie maßschneidern konnte.

Nachzulesen ist das alles in Heinrich Zankls Band über "Fälscher, Schwindler und Scharlatane" in der Wissenschaft, einem über weite Strecken kurzweilig zu lesenden Überblick über die Haken und Ösen der Wissenschaftsgeschichte: Auch für den interessierte Laien stellt das Buch eine interessante Lektüre dar; denn vor jedem Wissenschaftler- oder Problemporträt wird kurz und knapp erklärt, worum es in dem betreffenden Fachgebiet eigentlich geht und wo das zu erforschende Problem lag oder liegt.

Dabei werden Fälle aus Physik und Mathematik, Chemie und Biologie, Medizin, Psychologie und Pädagogik und sogar aus der Archäologie, der Anthropologie und der Ethnologie dargestellt. Die Fälle haben es in sich. Natürlich dürfen in diesem Zusammenhang die Namen der Verursacher des größten deutschen Wissenschaftsskandals der letzten Jahre - Hermann und Brach - nicht fehlen.

Da Heinrich Zankl, der selbst Professor für Humanbiologie an der Universität Trier-Kaiserslautern ist, weiß, wovon er redet, finden sich fast in jedem Fall selbstverständlich auch Anmerkungen zur künftigen Prävention solcher Betrugsfälle: Daß bei der Prophylaxe von Lug und Trug bisweilen auch eine ganze Portion kriminalistischen Gespürs eine wichtige Rolle spielt, zeigt die Tatsache, daß kein geringerer als der Arzt und Schriftsteller Sir Arthur Conan Doyle in einen der Fälle (als verhinderter Aufklärer) verwickelt war: Die Affäre um den "Piltdown-Menschen", der eigentlich den Beweis für die frühe Existenz von äffisch-menschlichen Vorfahren in England liefern sollte, zeigt, wie geschickt der Erfinder des Sherlock Holmes in die Geschehnisse auf der Insel einzugreifen versuchte, um Licht in diese düstere und bizarre Geschichte um modernen Wissenschaftsbetrug zu bringen.

Fazit: Heinrich Zankls Wissenschaftskrimi um Wissenschaftskrimis ist ein leicht, bisweilen sogar vergnüglich zu lesendes Werk um bizarre, aber auch um bitterernste Fälschungsskandale. Leicht gemacht wird einem die Lektüre vor allem dadurch, daß die 56 Kapitel in sich abgeschlossen sind und man daher das Buch 56 mal vor dem Einschlafen in die Hand nehmen kann. (fhv) Heinrich Zankl: Fälscher, Schwindler, Scharlatane. Betrug in Forschung und Wissenschaft. Wiley-VCH. Weinheim 2003. 24,90 Euro.

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