Partnersuche im Internet ist gerade für Ärzte attraktiv

Von Pete Smith Veröffentlicht:

Roland Schweiger* ist Single. Kein überzeugter, sondern einer wider Willen. Als Stationsarzt eines größeren Klinikums in Saarbrücken hat der 32jährige einfach keine Zeit, abends noch um die Häuser zu ziehen. An den Wochenenden ist zudem oft Schichtarbeit angesagt. "Den folgenden freien Tag kann man meist knicken", meint Schweiger. Eine Liaison am Arbeitsplatz wäre ihm zu heikel, zudem ist dort sowieso keine Kandidatin in Sicht. Was also tun?

Ein Freund erzählt ihm von Parship, einer Online-Partneragentur. Er selbst habe seine neue Freundin darüber gefunden. Die Mitgliedschaft ist zwar nicht billig, bietet aber Vorteile: Im Schutz der Anonymität fällt die Hemmschwelle, Kontaktaufnahmen sind zeitlich flexibel möglich, und man kann die Charakteristika seiner Traumfrau individuellen Wunschvorstellungen gemäß eingrenzen.

Schweiger gibt sich einen Ruck. Er überlegt: Seine nächste Partnerin sollte zwischen 25 und 35 Jahre alt sein, im Saarland oder den angrenzenden Bundesländern leben, sie darf nicht rauchen und sollte nicht allzu groß sein. Er zahlt die 179 Euro Mitgliedschaft für ein halbes Jahr und unterzieht sich dem Parship-Persönlichkeitstest. Mit dessen Hilfe wird ein Profil erstellt, welches mit dem der weiblichen Mitglieder abgeglichen wird. Bald erhält Schweiger zehn Partnervorschläge. Er setzt sich an den PC und formuliert seine ersten Mails. Nun wartet er ab...

So wie der Arzt aus Saarbrücken suchen Millionen Deutsche im Internet nach ihrem Traumpartner. Das Marktforschungsinstitut Innofact befragte vor einem Jahr 1001 Internetnutzer nach ihrem Liebesglück. Zwölf Prozent gaben an, ihren derzeitigen Lebenspartner online kennengelernt zu haben, 44 Prozent konnten sich vorstellen, über das Internet nach einem Partner zu suchen, und 14 Prozent waren aktuell dabei. Tendenz steigend.

Wochen vergehen. Schweiger sitzt jetzt abends häufiger am PC. Mehrere Kandidatinnen haben inzwischen geantwortet, während andere auf seine erste Mail gar nicht reagiert haben. Mit einigen entwickelt sich ein reger Kontakt. Auf Anfrage schickt Schweiger zwei Frauen auf elektronischem Weg ein Portraitfoto. Und seine Nummer. Eines Abends klingelt das Telefon - das erste Gespräch...

Pro Jahr geben die Bundesbürger im Internet etwa 40 Millionen Euro für die Suche nach ihrem Herzblatt aus, schätzen Experten. Zwar läßt sich die Zahl der Singles in Deutschland nicht eindeutig berechnen. Aber bei schon heute 38 Prozent Ein-Personen-Haushalten in der Bundesrepublik, über 50 Prozent Single-Haushalten in Großstädten wie Hannover, München und Frankfurt am Main sowie einer (weiter steigenden) Internet-Nutzer-Quote von derzeit über 50 Prozent muß man kein Prophet sein, um die künftige Entwicklung vorauszusehen.

Der Arzt aus Saarbrücken hatte mittlerweile sein erstes Date. "Das war sehr ernüchternd", bilanziert er im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". "Wir hatten vorher keine Bilder ausgetauscht, sondern nur geschrieben und telefoniert." Daß für diese Frau in seinem Herzen kein Platz ist, weiß er sofort. "Ein reines Bauchgefühl", meint er. "Das war’s dann."

Der Markt der Online-Singlebörsen boomt seit Jahren. Neben seriösen gibt es auch zwielichtige Anbieter, die für wenig Service viel Geld verlangen. Ein Vergleich lohnt sich. Zumal unterschiedliche Bedürfnisse befriedigt werden. Online-Partneragenturen wie Parship, mit über 800 000 Mitgliedern einer der größten Anbieter, vermitteln auf langfristige Partnerschaften angelegte Kontakte. Bei anderen Angeboten im Internet geht es um kurze Flirts oder Chats, eine heiße Affäre, einen Seitensprung oder auch um das Eheglück mit einem Heiratskandidaten aus Asien, dem Ostblock oder Afrika.

Schweiger lernt weitere Frauen kennen. "Das zweite Treffen war echt nett", erzählt er. Schon am Telefon hätten sie sich toll unterhalten. Daß sie als IT-Managerin bei einer Firma in Rheinland-Pfalz arbeitete, fand Schweiger interessant, und ihr Foto sprach ihn auch an. Warum sich aus dem Kontakt dann aber trotzdem keine Partnerschaft entwickelte? Schweiger weiß es nicht. "Irgendwie fehlte das Kribbeln, der letzte Kick."

Trotzdem ist der 32jährige optimistisch, über das Internet noch die Richtige zu finden. Der Anteil der Akademikerinnen ist bei der von ihm favorisierten Online-Agentur hoch, Ärztinnen bilden sogar die zweitgrößte weibliche Nutzergruppe. Mit vier Frauen, deren Profil zu dem seinen paßt, tauscht er derzeit E-Mails. So viele potentielle Kandidatinnen hätte er in der Kleinstadt Saarbrücken niemals kennengelernt, ist Schweiger überzeugt. Und durch die Online-Suche ist ihm auch so manches klar geworden: "Ich weiß jetzt eher, was ich will. Und auch, was ich bereit bin, dafür aufzugeben."

*Der Name wurde von der Redaktion geändert.



Singlebörsen im Internet

Der Markt an Singlebörsen im Internet hat in den letzten Jahren kräftig zugelegt. Hier eine kleine Auswahl:

Der Bundesverband für Partnersuchende e. V., der sich als Interessenvertreter der Singles und der seriös arbeitenden Partnervermittler in Deutschland versteht, beantwortet auf seiner Homepage (www.bundespartnersuche.com) ebenso Fragen rund ums Thema Online-Agenturen wie der Berufsverband der Partner-Vermittler in Europa e. V. (www.bvp-berufsverband.de), der die Interessen der Berufsstände der Partnervermittlungen, Dienstleister und Heiratsinstitute wahrnimmt. (Smi)

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