Jeden Tag durchlebt der krebskranke Junge Oskar ein ganzes Jahrzehnt

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"Oskar und die Dame in Rosa" ist der neue Roman des französischen Erfolgsautors Eric-Emmanuel Schmitt. Mehr als 300 000 Exemplare wurden bisher in Frankreich verkauft von der Geschichte um einen zehnjährigen Jungen, der an Krebs erkrankt ist. Das Potsdamer Hans-Otto-Theater zeigt bei seinen Erkundungen interessanter Orte der brandenburgischen Hauptstadt eine Monologversion in der wiederbelebten Varieté-Bühne "Walhalla".

Die rosa Kittel, die Bühnenbildnerin Susanne Füller an die Wand gehängt hat, wird Rahel Ohm nie anziehen. Die Schauspielerin verläßt sich allein auf ihren Körper, um in die Rollen eines Kindes, seiner Eltern, von Ärzten und Schwestern und nicht zuletzt der Dame in Rosa zu schlüpfen. Die Damen in den ein wenig sonderbar wirkenden Kitteln sind ehrenamtliche Helferinnen in französischen Krankenhäusern.

In der Regie von Johanna Hasse spielt Rahel Ohm zunächst einen trotzigen Oskar, der mit einem gewissen Stolz sein Leben im Krankenhaus präsentiert. Er hat Leukämie, Operationen und Therapien waren bisher vergebens. Aber er hat sich arrangiert mit seinen Kumpels, die ähnlich schwere Schicksale haben und damit genauso angeben wie er.

Bis die Katastrophe passiert: Oskar belauscht ein Gespräch zwischen seinen Eltern und seinem Arzt, in dem dieser dem Ehepaar mitteilt, daß ihr Sohn nicht mehr lange leben wird. Die Eltern bitten den Mediziner, das Krankenhaus heimlich verlassen zu dürfen. Sie selbst sind zu schwach, mit diesem Wissen ihrem Sohn Trost zu spenden.

Im Moment tiefster Verzweiflung trifft er auf die Dame in Rosa, die alles andere ist als ein nettes Tantchen. Sie verrät Oskar, daß sie nach den Krankenhaus-Vorschriften eigentlich viel zu alt sei für den Dienst im rosa Kittel. Nicht nur dieses Wissen macht die beiden zu Verbündeten. In ihrem früheren beruflichen Leben war sie angeblich auch nicht das, was eine solche Dame idealer Weise gewesen sein sollte. Ihr Geld verdiente sie als Catcherin, vor Jahrzehnten berühmt und berüchtigt als "Würgerin vom Languedoc".

Oskar kann gar nicht anders, als neugierig zu werden auf diese Frau. So kann sie ihm auch ernsthaft einen seltsamen Vorschlag für die letzten Tage seines Lebens machen. Er solle jeden Tag einfach als ein Jahrzehnt betrachten und so alle Stationen eines Menschenlebens erfahren.

So macht er als Kind, das er noch ist, die Erfahrung, daß Gott, an den zu beten ihn noch seine Eltern lehrten, "kein Weihnachtsmann" sei, der oberflächliche Bitten wie die nach bestimmtem Spielzeug erfüllt. Dieses Wesen wird wie die Dame in Rosa zu einem, wenn auch stummen, Gesprächspartner, der die Welt des Kindes teilt.

Am zweiten Tag gleitet Oskar in die Pubertät, verliebt sich in eine Mitpatientin und durchlebt die Peinlichkeiten verunglückter Küsse. In der Catcherin hat er eine auch in solchen Fragen kompetente Ratgeberin, die auch dann gefragt ist, als Oskar zwischen zwei Mädchen (Frauen) steht und zwischen Freundschaft und Liebe unterscheiden muß.

In den Tagen drauf erlebt er Eifersuchtsszenen und Alltag, berufliche Fortschritte und private Trennungen. Dann lassen seine Kräfte nach, und irgendwann stirbt er nach einem erfüllten Leben. Damit ist auch nach gut eineinviertelstündiger Spielzeit ein schwieriges Thema ungemein unterhaltend ohne vordergründige Betroffenheit beleuchtet.

Das Publikum beklatscht die Wandlungsfähigkeit von Rahel Ohm und wünscht sich für manchen Schwerkranken eine Dame in Rosa. Eine angemessene Inszenierung für einen lange Zeit verfallenden Raum, in dem einst Enrico Caruso, Richard Tauber und Trude Hesterberg auftraten. Christian Schindler

"Oskar und die Dame in Rosa" steht auf dem Spielplan des Hans-Otto-Theaters für das Varieté Walhalla an der Dortustraße 5 in Potsdam. Nächste Vorstellung am 18. April um 20 Uhr. Karten kosten zehn Euro, ermäßigt sieben Euro. Kartentelefon: 03 31 / 98 118. S-Bahn: Potsdam Hauptbahnhof, dann mit Tram 92 bis Nauener Tor.

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