In Khao Lak werden aus Urlaubern freiwillige Helfer

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Von Bernd Kubisch

In Khao Lak vertreiben Arbeitsschweiß und Freude über neu entstandene Häuser und Freundschaften allmählich Tränen und Trauer. In dem am schwersten von den Tsunami-Schäden am 26. Dezember betroffenen Ort Thailands spuckt eine bunte Mischung von Menschen aller Altersklassen und Nationen kräftig in die Hände.

Aus Urlaubern werden freiwillige Helfer, aus Menschen, denen schweres Leid widerfuhr, Bananen-und Palmenpflanzer, Maurer und Schreiner. Nachbarschafthilfe wird groß geschrieben.

"Mancher mag es kaum glauben in Deutschland. Aber Khao Lak lebt - trotz der schweren Schäden. Die Menschen hier haben sehr viel geleistet." Dies sagt die Frankfurterin Monika Stürmer (37), die mit ihrem Mann Matthias (38) in Khao Lak Bananensprößlinge pflanzte, Wände strich, Leitungen legte, Brunnen mitbaute und den Tsunami Survivor Craft-Shop unterstützte.

Der Laden verkauft Kunsthandwerk von Thais, die noch in Camps leben. Die Einnahmen von Batiken, Flechtkörben oder kleinen Puppen gehen direkt an die Betroffenen. Hotelruinen, Baustellen, Palmen und geräumte Flächen säumen das Meer. Dutzende intakte Gebäude mit Läden, Gästehäusern, kleinen Hotels, Souvenirläden und Banken stehen vor allem an etwas höher gelegenen Straßenabschnitten.

"Wir brauchen den Tourismus, der bringt uns Lebenskraft"

Die Stürmers sagen gerade der kleinen Pao (5) und ihrer Mutter Sasi Wimon (44) Lebewohl. Die Hessen kehren nach schwerem persönlichem Schicksalsschlag und vielen Wochen Arbeit in Khao Lak nach Deutschland zurück. Sasi ist Chefin des Restaurants "Mr. Beard" neben dem Craft-Shop.

Sie verkauft Nudel- und Reisgerichte und eiskaltes "Singha"-Bier an die vielen Aufbauhelfer und die noch sehr wenigen Urlauber und sagt zu den Deutschen: "Wir brauchen den Tourismus. Der bringt uns Arbeit und Lebenskraft. Bitte sagt das allen Euren Freunden in Deutschland. Die sollen uns besuchen."

Im nahen Volunteers-Zentrum der Kali Foundation hämmern und streichen das Ehepaar Dave (66) und Dolores (62) aus Utah und Julie (20) aus Oslo an neuen Möbelstücken. Neben ihnen bohren und schrauben Michael (55) aus New York, Wattuna (34) aus dem nahen Phuket und Stefan (40) aus Belgien unter Palmen und tropischen Laubbäumen.

"Nachnamen sind hier unwichtig. Wir sind eine große Familie, verbringen mit der Möbelproduktion für Wohnungslose und Bedürftige unseren Urlaub oder unseren Ruhestand", sagt die 62jährige resolute Lady aus den USA und wischt ein paar Schweißtropfen von der Stirn.

Die Freiwilligen Helfer der Kali Foundation bringen das Material für die Möbelproduktion auch in die nahen Dörfer und Camps, um dann dort mit den Fischern und Kleinbauern gemeinsam Hand anzulegen. Initiatoren der Foundation sind die US-Ärzte Sally Nelson und Stu Breisch, die durch die Flutwelle ihre 15 Jahre alte Tochter Kali verloren.

Jetzt wird es lebhaft im Kali Zentrum, wo die meisten Helfer auf eigene Kosten im Wald in schlichten Bungalows des unversehrten "Natural Beach" Resorts nächtigen. P'Kaew (49) und seine Frau Atehara (48) kommen gerade aus Phuket zurück. Hände schütteln, Umarmungen, Küßchen für das thailändische Paar. Auch Monika Stürmer und Anja Bajek (42) aus Ingolstadt umarmen die beiden Thais. "Das sind unsere Engel. Die haben allen unglaublich geholfen in der Not nach dem Tsunami, auch meiner Familie", sagt die Ingolstädterin.

"Das ist doch selbstverständlich", entgegnet P'Kaew. "Und jetzt helft ihr alle uns Thailändern". Dabei zeigt der frühere Lehrer auf die vielen Menschen, die im Halbkreis um ihn stehen. Der Thai hat auch deshalb die Liebe vieler Ausländer gewonnen, weil er in Tempeln würdige Trauerfeiern für Hinterbliebene und Opfer organisierte und dabei wohl mehr Fingerspitzengefühl zeigte als manche Diplomaten diverser Botschaften. Dies berichten Angehörige.

Einheimische wollen Häuser nicht mehr am Meer bauen

Etliche Thais, die alles verloren haben in Khao Lak, sind ängstlich, wollen ihre Häuser nicht mehr am Meer errichten. Die Kali Foundation und das drei Fußminuten entfernte Tsunami Volunteer Center der thailändischen Organisation Mirror Foundation respektieren diese Wünsche.

Beide Hilfszentren arbeiten eng zusammen, auch mit den "Engeln" P'Kaew und Atehara. P'Kaew schätzt, daß insgesamt etwa 5000 freiwillige Helfer aus dem In- und Ausland im Großraum Khao Lak bisher mit angepackt haben. Fischerboote und Häuser wurden und werden gebaut, Bäume gepflanzt, das Ufer befestigt und teils begrünt, Schulkinder versorgt. Das Tsunami Volunteer Center legt vor allem Wert darauf, daß die Kinder der Region ab Mitte Mai wieder einen halbwegs normalen Schulunterricht genießen können.

Informationen im Internet unter: www.tsunamivolunteer.net; www.4kali.org; www.khaolak.info

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