"Ich habe MS, aber MS hat mich nicht!"

25 Künstler mit Multipler Sklerose präsentieren in Bonn mehr als 80 Malereien, Grafiken und Collagen. Die Schau ist danach in weiteren Städten zu sehen.

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Gewitterstimmung von Petra Schäl, geboren 1965.

Gewitterstimmung von Petra Schäl, geboren 1965.

© Foto: Keim Concept GmbH

Von Eva Richter

Das Bild "Gewitterstimmung" wirkt düster und ein wenig bedrohlich. Und doch hat es einen hellen Kern - symbolhaft für den Lebenswillen und die Zuversicht der Künstlerin. Petra Schäl, 44, hat Multiple Sklerose. Eine chronische Erkrankung, die doch eigentlich nur Defizite zur Folge haben kann. Dass eine solche Krankheit auch ungeahnte Kreativität auslösen kann, zeigt die Ausstellung "Denken - Fühlen - Malen", die derzeit im Volkbank-Haus in Bonn zu sehen ist. 25 Künstler mit MS präsentieren dort mehr als 80 Malereien, Grafiken oder Collagen.

Die Motive sind höchst unterschiedlich: zu sehen sind Naturdarstellungen, Städteansichten, Abstraktes und Gegenständliches. Unterstützt wird die Ausstellung, die noch in weiteren Städten zu sehen sein wird, vom Copaktiv-Team des Pharmaunternehmens Sanofi-Aventis.

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte - es zeigt, dass ein aktives, kreatives Leben auch bei Krankheit möglich ist, es eröffnet Kranken neue Ausdrucksmöglichkeiten und vermittelt dem Betrachter einen Einblick in die Gefühlswelt chronisch kranker Menschen.

Brücke zwischen Künstlern und Besuchern

Pottenstein in Franken von Ursula Werner (geb. 1952).

Pottenstein in Franken von Ursula Werner (geb. 1952).

© Foto: Keim Concept GmbH

Folgerichtig versteht sich die Ausstellung als Brücke zwischen den MS-kranken Künstlern und den Besuchern. "Viele Menschen wissen nicht genau, was sich hinter der Krankheit MS verbirgt - wenn sie eine Vorstellung haben, dann meist die, dass alle Betroffenen irgendwann im Rollstuhl landen. Die Krankheit ist eigentlich nur negativ besetzt. Mit unseren Bildern wollen wir zeigen, dass man auch mit dieser Diagnose Neues beginnen kann, aktiv und kreativ sein kann", erklärt Susanne Kempf, Organisatorin der Ausstellung und selbst an MS erkrankt. Die Aktion soll dazu dienen, die Öffentlichkeit stärker für die Krankheit, von der bundesweit rund 120 000 Menschen betroffen sind, zu sensibilisieren.

Der PR-Fachfrau aus Bayern war das Krankheitsbild sehr wohl bekannt, als sie vor fünf Jahren die Diagnose bekam - ihr Onkel hatte mehr als 40 Jahre lang mit MS gelebt. "Er war ein großer Optimist und ist mir heute noch Vorbild", so die 44-Jährige. Zum Malen kam sie eher zufällig - über die positiven Erfahrungen, die ihre rheumakranke Mutter damit gemacht hatte. "Malen hält die Finger beweglich und ist daher ein gutes Training. Und es macht den Kopf frei, das Abtauchen in die Farben tut mir einfach gut."

Auch Petra Schäl ist erst über ihre Krankheit zum Malen gekommen, heute ist sie Mitinhaberin einer kleinen Galerie. Anders als Kempf musste sie jedoch zunächst eine Odyssee an Ärztebesuchen hinter sich bringen, bis die Diagnose feststand.

Ziel: Die Krankheit näher bringen!

Frau mit Hut von Melanie Kliemt (geb. 1977).

Frau mit Hut von Melanie Kliemt (geb. 1977).

© Foto: Keim Concept GmbH

MS zu diagnostizieren, ist nicht einfach - nicht umsonst wird diese Erkrankung des Zentralen Nervensystems auch "Krankheit mit den tausend Gesichtern" genannt. Die Krankheitsverläufe sind unterschiedlich, was sich auch bei den Künstlern zeigt. "Eine der Teilnehmerinnen konnte nur noch die linke Hand bewegen, hat aber am Computer noch tolle Bilder gezaubert. Kurz vor der Vernissage ist sie gestorben", berichtet Kempf. Eine andere Künstlerin traute sich zunächst die Teilnahme an der Eröffnung nicht zu, kam dann aber doch. "Diese Ausstellung hilft uns, Menschen unsere Krankheit nahe zu bringen", so Schäl. "Ihnen zu zeigen: Ich habe MS, aber MS hat mich nicht."

Info: Die Ausstellung ist noch bis zum 24. Juli in Bonn zu sehen, ab dem 30. Juli in Frankfurt. Weitere Termine und Infos unter www.aktiv-mit-ms.de

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