Bonner Forscher bauen Stammzellfabrik auf

Unter Beteiligung des bekannten Stammzellexperten Professor Oliver Brüstle machen sich Forscher an der Uni Bonn daran, eine professionelle Produktionsanlage für Stammzellen auf die Beine zu stellen. Nordhein-Westfalen fördert das Projekt.

Von Anja Krüger Veröffentlicht:

BONN. Ein Konsortium aus Universitätsinstituten und Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen will in den kommenden drei Jahren ein automatisiertes Verfahren zur Gewinnung von induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) in großen Mengen entwickeln. Mithilfe dieser Zellen können Wissenschaftler neue Medikamente gezielter testen. Die Landesregierung wird das Projekt "StemCellFactory" im Zuge des Wettbewerbs Bio.NRW fördern. Das Konsortium hat es in die Endrunde des Wettbewerbs geschafft, bei dem insgesamt 25 Millionen Euro auf neun Projekte verteilt werden.

Innerhalb von drei Jahren wollen die Initiatoren der "StemCellFactory" alle Prozesse und erforderlichen Maschinen entwickeln, die für die Herstellung, Vermehrung und Differenzierung von iPS-Zellen benötigt werden. Dabei ist der Begriff Stammzellfabrik wörtlich zu verstehen. "Ziel ist der Bau einer Fertigungsanlage", sagt Dr. Manal Bosnali von der Life & Brain GmbH, deren Scientific Director der bekannte Bonner Stammzellforscher Professor Oliver Brüstle ist.

Das neue Verfahren habe viele Vorteile. "Durch den Einsatz von iPS-Zellen kann auf Tierversuche teilweise verzichtet werden", sagt Bosnali. Die iPS-Zellen sind außerdem wie embryonale Stammzellen unendlich vermehrbar und können in jeden spezialisierten somatischen Zelltyp differenziert werden. Sie können seit 2006 künstlich aus bereits entwickelten Körperzellen hergestellt werden, etwa aus Hautzellen. "Körperzellen werden durch Reprogrammierung in den Zustand von Stammzellen zurückversetzt", erklärt die Biologin. Diese Stammzellen wiederum können die Wissenschaftler so programmieren, dass aus ihnen ein beliebiges Gewebe wächst.

Bislang ist dieses Verfahren aber nur in kleinem Maßstab in Laboren angewandt worden. Jetzt sollen die iPS-Zellen in großen Mengen hergestellt und so für die Industrie nutzbar gemacht werden. Dann können Wissenschaftler die Zellen bei der Entwicklung von Medikamenten nutzen. Die Idee: Wirkstoffe können unmittelbar an entsprechend programmierten iPS-Zellderivaten getestet werden. Im Zuge des Projekts sollen neurale und kardiale Zellpopulationen entstehen. Nach Bosnalis Angaben stehen für Medikamente gegen Erkrankungen des Nervensystems und des Herzens solche Zellproben bislang nicht im ausreichenden Maße zur Verfügung.

Die beteiligten Forscher kommen aus ganz NRW. Die Federführung liegt bei der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und Life & Brain. Die Uni Bonn ist zudem mit den Instituten für Rekonstruktive Neurobiologie und Physiologie I beteiligt, weitere Partner sind das Fraunhofer-Institut für Produkttechnologie in Aachen, das Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster, die Bayer Technology Services in Leverkusen und HiTec Zang aus Herzogenrath.

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