"Man wartet in Haiti immer, dass von außen etwas passiert"

Rund ein Jahr nach dem verheerenden Erdbeben kommt der Wiederaufbau nur schleppend voran. Jüngst standen die Geberländer in der Kritik, doch die Kölner Ärztin Dr. Barbara Höfler vermisst auch Eigeninitiative der Einwohner beim Wiederaufbau ihres Landes.

Veröffentlicht:
Höfler umringt von Kindern in Port-au-Prince: Viele Haitianer setzen ihre Hoffnung ausschließlich auf die Regierung.

Höfler umringt von Kindern in Port-au-Prince: Viele Haitianer setzen ihre Hoffnung ausschließlich auf die Regierung.

© dpa

PORT-AU-PRINCE (dpa). Die seit 1998 in Haiti tätige Ärztin Dr. Barbara Höfler aus Köln dringt auf mehr Bildung in dem erdbebenzerstörten Karibikstaat.

Bereits die kleinsten Kinder müssten lernen, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, sagte die 72-Jährige in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

Die Aufbauhilfe etwa der USA kritisierte Höfler als wenig förderlich. "Die schenken nur, und das ist ja keine Hilfe."

Höfler kümmert sich vor allem um Kinder der Cité Soleil, dem größten Elendsviertel der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince. Zu ihren Patienten gelangt sie mit einem zu einer mobilen Arztpraxis umgebauten Geländewagen.

Ein Jahr nach dem verheerenden Erdbeben vermisst Höfler die Eigeninitiative der mehr als einer Million obdachlos gewordenen Haitianer. "Man wartet immer, dass irgendetwas von außen passiert", kritisiert sie.

Viele Menschen seien zu autoritätshörig und setzten ihre Hoffnung ausschließlich auf die Regierung, von der sie aber nicht viel erwarten dürften. Auch im Kampf gegen die Cholera sei Bildung wichtig.

Denn solange die Bewohner der Elendsviertel mehrheitlich nicht lesen und schreiben könnten und nicht aufgeklärt würden, sei ein sicherer Schutz gegen die Seuche nicht möglich.

In Port-au-Prince halte sich die Ausbreitung der Krankheit nach ihrer Beobachtung dennoch in Grenzen. Höfler sagte, sie selbst habe in der Cité Soleil erst mit einem Cholera-Fall zu tun gehabt.

Aber: "Es gibt sicher Orte, die an dem Artibonite-Fluss liegen und wo die Leute sich aus ungekochtem Flusswasser ihr Trinkwasser bereiten. Diese Orte haben so viele Cholera-Fälle gehabt, da kann man von Epidemie sprechen."

Nach bisherigen Angaben starben landesweit rund 3600 Menschen an der Cholera. Die Bakterien sollen sich vom Artibonite aus ausgebreitet haben. Beim Wiederaufbau erkennt Höfler bisher nur wenige Fortschritte.

"Es hat sich kaum etwas verändert", sagt sie. Die Armut habe sich noch vergrößert. Nach wie vor schliefen ganze Familien unter Planen, weil Häuser und Hütten kaputt seien.

Aus Angst vor Nachbeben hätten sich viele Haitianer bis vor einigen Monaten aber auch gar nicht in festen Gebäuden aufhalten wollen. "Das hat sich inzwischen gegeben, jetzt schlafen die Leute wieder in den Häusern."

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Kritik an „Suizidtourismus“ in den USA

Mehrere US-Bundesstaaten wollen Beihilfe zum Suizid erlauben

Glosse

Die Duftmarke: Frühlingserwachen

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“