Schlaftöter Güterzug

Der Schienenverkehr gilt als umweltfreundlich. Vor allem Güterzüge sind jedoch Krachmacher. Das geht den Anwohnern im Rheintal zwischen Koblenz und Bingen auf Nerven und Gesundheit.

Von Sabine Schiner Veröffentlicht:
Lärm und Erschütterungen tagaus, tagein: Ein Güterzug fährt durch Assmanshausen bei Rüdesheim.

Lärm und Erschütterungen tagaus, tagein: Ein Güterzug fährt durch Assmanshausen bei Rüdesheim.

© dpa

WIESBADEN. Im Rheintal zwischen Koblenz und Bingen ist Schienenverkehr die Lärmquelle Nummer eins. Allein auf der rechtsrheinischen Strecke rattern jede Nacht mehr als 120 Güterzüge durch.

Die Lärmspitze liegt bei mehr als 100 Dezibel - das ist höher als der Schallpegel eines Presslufthammers. Jeder Fünfte leidet unter Schlafstörungen.

Fast jeder Zweite beklagt Lärm

Die Umweltministerinnen von Hessen und Rheinland-Pfalz haben Bund und Bahn zu mehr Lärmschutz aufgefordert. Ziel müsse sein, dass ab 2020 nur noch Güterzüge auf leisen Sohlen im Mittelrheintal verkehren, heißt es in einer Mitteilung von Lucia Puttrich (CDU, Hessen) und Ulrike Höfken (Grüne, Rheinland-Pfalz). Kurzfristig fordern sie eine sofortige Geschwindigkeitsbegrenzung.

Bereits im Herbst 2010 hatte die Umwelt- und Sozialforschungsgesellschaft Zeus GmbH aus Hagen im Auftrag der beiden Ministerien 1005 Telefoninterviews in der Region geführt.

45 Prozent der Befragten fühlten sich durch den Lärm belästigt, 15 Prozent störten sich an den Erschütterungen, jeder Fünfte klagte über Schlafstörungen. Stark vom Lärm betroffen sind St. Goarshausen nahe der Loreley, Kaub, Koblenz-Stolzenfels und Teile von Rüdesheim.

Das Obere Mittelrheintal ist seit Juni 2002 auf der Liste des Unesco-Welterbes. Seit Jahren fordern die Anwohner den Einsatz von geräuschärmeren Waggons und eine Verlegung des Schienengüterverkehrs. Von der Bundespolitik fühlen sie sich vernachlässigt. Erst kürzlich war im Bundestagsausschuss für Verkehr der Tagesordnungspunkt Verkehrslärm vertagt worden - zum vierten Mal.

Schallschutz für 8000 Wohnungen

Die Deutsche Bahn hat nach eigenen Angaben 40 Millionen Euro in den vergangenen Jahren in ein Lärmsanierungsprogramm investiert.

Auf der Strecke zwischen Koblenz und Bingen seien an den beiden Strecken links und rechts des Rheins mehr als zwölf Kilometer Schallschutzwände gebaut und etwa 8000 Wohnungen mit Schallschutzfenstern, Schalldämmlüfter oder Dachisolierungen ausgestattet worden.

Die beiden Ministerinnen verwiesen bei der Vorstellung des Bahnlärmindex darauf, dass die Anwohner stärker belastet sind als bislang vermutet. Erstmals hatte ein Team der Fachhochschule Trier für den Index nicht nur den Schallpegel gemessen, sondern auch die Auswirkungen des Lärms auf die Anwohner untersucht.

Heraus kam, dass der Schlaf der Anwohner mit etwa sieben Aufwachreaktionen im Schnitt pro Nacht stark gestört ist. Die Wissenschaftler empfehlen unter anderem eine Geschwindigkeitsbegrenzung der Güterzüge auf 70 Stundenkilometer.

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