Kreative Suche nach jungen Chirurgen

Achtlos weggeworfene Arztkittel, wartende Patienten: Drastische Szenen im Kurz-Film von Chirurg Dr. Frank Klammer sollen auf den Nachwuchsmangel in der Chirurgie aufmerksam machen.

Von Jonas Tauber Veröffentlicht:
Chirurgen gesucht: Der Alltag ist kein Acht-Stunden-Job und man bekommt zu wenig Anerkennung.

Chirurgen gesucht: Der Alltag ist kein Acht-Stunden-Job und man bekommt zu wenig Anerkennung.

© Falk / fotolia.com

KÖLN. Stell Dir vor, Du landest verletzt in der Notaufnahme, und da ist kein Arzt, der sich um Dich kümmert. Mit diesem Horrorszenario will ein Kurzfilm von Dr. Frank Klammer auf die verheerende Nachwuchssituation in der deutschen Chirurgie aufmerksam machen.

Ein großer Teil der in Deutschland ausgebildeten Chirurgen arbeitet nicht in der Chirurgie, sagt Dr. Frank Klammer, Chefarzt im St. Franziskus-Hospital in Ahlen.

Viele Absolventen gehen entweder ins Ausland, oder sie ergreifen Berufe, in denen sie keine Patienten betreuen, sagt er. Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit werde deshalb immer größer: "Wir brauchen in Deutschland 1500 neue Chirurgen pro Jahr und kommen auf gerade einmal 500."

Mit dem Kurzfilm "Chirurgen gesucht" will er diesen Missstand in das öffentliche Blickfeld rücken. Die Kosten von 12.500 Euro kamen über Spenden örtlicher Unternehmen zusammen.

Der Film beginnt in einem langen Krankenhausflur, Patientenzimmer reiht sich an Patientenzimmer. Die blinkenden Lämpchen neben den Türen signalisieren, dass die Patienten nach Hilfe klingeln.

Aber niemand kommt. Der Betrachter ahnt, dass sich das nicht ändern wird: Die vielen weißen Kittel, die den Flur übersäen, wurden offenbar achtlos von eilig verschwindenden Ärzten zurückgelassen.

Betteln um Ärzte

Klammer glaubt, dass die Nachwuchssituation in der Chirurgie so schlecht ist, weil die anspruchsvolle Arbeit nicht ausreichend gewürdigt wird. "Das ist kein Acht-Stunden-Job und wird nie einer sein", sagt er.

"Deshalb muss es die gerechtfertigte Anerkennung geben." Dazu gehört für den Viszeralchirurgen zum einen eine bessere Bezahlung. Zum anderen fehle der gesellschaftliche Respekt. Ihn vermisst er etwa in der Medienberichterstattung.

Wenn von Chirurgie die Rede ist, geht es vor allem um mangelnde Hygiene und Kunstfehler, kritisiert Klammer.

Er leitet seit 2007 die Chirurgie des St. Franziskus-Hospitals und hat schon mehrere unkonventionelle Aktionen initiiert, um auf fehlenden Nachwuchs aufmerksam zu machen. 2009 stellte er sich in Bettlerkluft vor die Mensa der Uni-Klinik in Münster und bettelte um Ärzte.

Ein Jahr später folgte der Ärzte-Kalender "Wir geben unser letztes Hemd". Sein Engagement hat dazu beigetragen, dass die Beschäftigungssituation in der chirurgischen Abteilung seines Krankenhauses inzwischen nach seinen Angaben regelrecht luxuriös ist: Ein Chefarzt steht drei Oberärzten und vier Assistenzärzten gegenüber.

Bei seinem Antritt 2007 lag der Stellenschlüssel noch bei eins zu eins zu zwei.

Film: www.dl.ff-ms.info/klammer

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