Psychologen: Breivik doch schuldfähig

OSLO (dpa). Norwegische Psychologen haben vor Gericht ihre Einschätzung bekräftigt, dass der norwegische Attentäter Anders Behring Breivik zurechnungsfähig und damit auch schuldfähig sei. Damit widersprachen sie einem ersten Gutachten.

Veröffentlicht:

Er fühle sich beim Anblick Breiviks an den Hollywood-Massenmörder Hannibal Lecter aus dem Film "Das Schweigen der Lämmer" erinnert, sagte der klinische Psychologe Eirik Johannesen am Montag dem Osloer Amtsgericht.

"Wenn man ihn trifft und weiß, was er getan hat, ist es fast, als ob man Hannibal träfe."

Nicht viel Einfühlungsvermögen

Breivik habe eine Identität geschaffen, um "andere Rechtsextremisten und Faschisten zu überzeugen", sagte Johannesen. "Aber das stimmt nicht damit überein, wer er ist".

Breivik zeige nicht viel Einfühlungsvermögen, doch er sei nicht völlig emotionslos, so der Psychologe.

Am Montag sagten vor dem Osloer Amtsgericht Mitglieder eines 18-köpfigen Teams von Experten aus, die Breivik während der Untersuchungshaft regelmäßig beobachtet hatten.

In einer geheimen Abstimmung am Ende des Beobachtungszeitraums seien 16 der Teammitglieder der Ansicht gewesen, Breivik leide nicht an einer Psychose, sagte die Teamleiterin Maria Sigurjonsdottir.

Sie hätten den Eindruck gehabt, Breivik wisse genau, was um ihn herum vorgehe. Er war "fokussiert, organisiert und sprach immer kohärent", so die Psychiaterin.

Erstes Gutachten ergab: Breivik nicht zurechnungsfähig

Die Verteidigung hatte die Psychologen und Psychiater vorgeladen. Sie möchte die geistige Zurechnungsfähigkeit Breiviks beweisen. Der Frage nach der Zurechnungsfähigkeit wird in dem Verfahren eine entscheidende Bedeutung beigemessen.

Das Gericht hatte ein zweites psychologisches Gutachten in Auftrag gegeben, nachdem ein erstes Expertenteam ihn als nicht zurechnungsfähig eingestuft hatte. Die Beobachtungen des Expertenteams gingen in das zweite Gutachten ein.

Das Urteil in dem seit Mitte April laufenden Verfahren wird im Juli erwartet. Kürzlich hatte das Gericht mitgeteilt, auch eine Verzögerung bis Ende August sei möglich, doch die Planung laufe weiterhin auf den 20. Juli hinaus. Zwei Tage später, am 22. Juli, jährt sich der Tag, and dem Breivik im Osloer Regierungsviertel und auf der Ferieninsel Ut¢ya insgesamt 77 Menschen ermordete.

Mehr zum Thema

Vor dem World Health Assembly

WHO-Pandemieabkommen noch lange nicht konsensfähig

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Was steckt hinter dem Alice-im-Wunderland-Syndrom, Dr. Jürgens?

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Lesetipps
Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken