Westafrika

Erst der Regen, dann die Cholera

Die Regenzeit bringt in Ländern wie Sierra Leone, Guinea, Liberia und Teilen der Republik Kongo die Seuche zurück: Die Cholera breitet sich dort seit Monaten aus. Die WHO mahnt zum Handeln.

Von Carola Frentzen und Kate Thomas Veröffentlicht:
In Liberias Hauptstadt Monrovia laufen Bewohner über eine überflutete Straße. Die Regenzeit fiel 2012 stark aus.

In Liberias Hauptstadt Monrovia laufen Bewohner über eine überflutete Straße. Die Regenzeit fiel 2012 stark aus.

© dpa

ADDIS ABEBA/DAKAR. Was in Europa fast nur noch in Romanen aus längst vergangenen Tagen vorkommt, ist in vielen armen Ländern bittere Realität.

Derzeit schlägt die Cholera wieder in Westafrika zu. Experten wollen den Notstand ausrufen, nachdem in West- und Zentralafrika ungewöhnlich starker Regen zu Überflutungen geführt hat.

Da es in vielen armen Ländern nach wie vor keine Trennung zwischen Trinkwasser- und Abwassersystemen gibt, hat die Cholera hier immer wieder ein einfaches Spiel.

In der Region sind seit Anfang des Jahres bereits über 55.000 Menschen erkrankt - das sind 34 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2011. Etwa 1100 überlebten die Epidemie nicht.

Betroffen sind 15 Staaten, darunter Sierra Leone, Guinea, Liberia, Teile der Republik Kongo und der Demokratischen Republik Kongo sowie zuletzt auch Nigeria und Niger. Der starke Regen hatte zuvor zahlreiche Slums überschwemmt.

Die Cholera schlägt vor allem in dicht besiedelten Gebieten zu, in denen die hygienischen Zustände schlecht sind. Von dort greift sie auf ländliche Regionen über.

"Wenn viele Menschen auf engem Raum leben, breiten sich Krankheiten schnell aus", musste auch der 21-jährige Moustapha aus Guinea am eigenen Leib erfahren. "Zuerst hat sich mein Cousin mit der Cholera infiziert und dann ich."

Dabei war Moustapha von seinem Heimatort Beyla in Guinea's östlichen Waldgebieten in die Hauptstadt Conakry gekommen, um dort ein neues, ein besseres Leben zu beginnen.

Er wollte endlich ein eigenes Haus haben, mit Strom und fließendem Wasser, er wollte einen gut bezahlten Job und Zugang zu Gesundheitsversorgung.

Dass er schon wenige Wochen später mit schwerem Durchfall im Bett liegen würde, damit hatte er nicht gerechnet. Glücklicherweise fand er eine Klinik, die ihm helfen konnte.

Notstand gefordert

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben sich in der derzeitigen Regenzeit allein in Guinea 3500 Menschen mit der Krankheit infiziert. Im benachbarten Sierra Leone sind es sogar 16.000.

Die Epidemie brach in der Hauptstadt Freetown aus und verbreitete sich von dort über fast alle Landesteile.

Glücklicherweise kann die Cholera heute behandelt werden. In der westlichen Welt kommt sie kaum noch vor. Das war nicht immer so.

Früher wütete die Krankheit oft jahrelang und tötete Millionen Menschen, so bei der großen asiatischen Pandemie von 1817 bis 1823 und von 1826 bis 1837, als sie sich von Ostasien sogar bis in die USA verbreitete.

Auch in Europa fielen ab 1830 unzählige Menschen verheerenden Seuchenwellen zum Opfer.

So berüchtigt ist die Seuche, dass sie sogar im Mittelpunkt von Romanen und Filmen steht, etwa in Thomas Manns "Tod in Venedig" und in William Somerset Maughams "Der bunte Schleier", der den Kampf eines Arztes gegen die Cholera im China der 1920er Jahre beschreibt. Am Ende stirbt der Mediziner selbst daran.

Was können Ärzte heute tun? Zunächst muss der Flüssigkeitsverlust durch Elektrolytlösungen ausgeglichen werden, die über den Mund oder durch Infusion verabreicht werden können. Zudem wird häufig eine antibiotische Therapie eingesetzt, die die Behandlungszeit deutlich verringern kann.

In Afrika ist jetzt schnelles Handeln nötig, um eine Katastrophe noch abzuwenden. Denn in den schwer zugänglichen, entlegenen Regionen des Kontinents kommt die Hilfe oft zu spät.

"Die Regierungen müssen den Notstand ausrufen", forderte zuletzt WHO-Afrikadirektor Luis Sambo. Nur so könne rasche Hilfe gewährleistet werden.

Zudem müssten die Gesundheitsbehörden der verschiedenen Länder verstärkt zusammenarbeiten, um die Seuche zu besiegen. Diesem Appell schloss sich auch die Kinderhilfsorganisation UNICEF an. (dpa)

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