Fest der Glühlampen: Blendende Weihnachten

Blendende Weihnachten

Erst eins, dann zwei, dann drei, dann tausend Lichter: Im Advent gleicht so manches Haus eher einem Feuerwerk. Oh du besinnliche (Nach-)Weihnachtszeit ...

Von Johanna Dielmann-von Berg Veröffentlicht:
300000 Glühbirnen lassen ein Haus im niedersächsischen Calle erstrahlen.

300000 Glühbirnen lassen ein Haus im niedersächsischen Calle erstrahlen.

© Ingo Wagner/ dpa

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt - oder auch mal mehrere Tausend, wie in der amerikanischen Kleinstadt Cloverdale. Dort ist ein Wettstreit zwischen Steve Finch und seinem neuen Nachbarn Buddy Hall entbrannt.

Während Finch traditionell auf persönliche Grußkarten, festlichen Schmuck und einen großen Christbaum setzt, fährt Hall dicke Geschütze auf. Er hat eine Mission: Sein Haus soll auch vom Universum aus zu sehen sein.

Dabei bedient er sich einem Dutzend blinkender Schneemänner, Nikoläuse und Nussknacker, den Zaun zieren elektrische Kerzen, vom Dach leuchten Eisblumen. Kein Millimeter bleibt undekoriert.

Der Film "Blendende Weihnachten" parodiert das leidenschaftliche Wettrüsten der Amerikaner zur Weihnachtszeit. Doch auch hierzulande ist in den vergangenen Jahren ein regelrechter Lichterwahn zu beobachten.

8,5 Milliarden Lämpchen erhellten 2011 laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Toluna die deutschen Vorgärten und Häuser. Allein 300.000 brennen am Haus von Rolf Vogt (Bild unten links). Das ließ sich der Niedersachse im Dezember 2008 satte 3000 Euro für Strom kosten.

Allmählich verderben aber steigende Strompreise den Deutschen die Lust am Leuchten. 2012 sollen nur noch sieben Milliarden Lämpchen erglühen. Doch was hat es auf sich mit dem Geblitze, Geblinke und Geflimmer?

Hinter überladener Lichtdekoration zur Weihnachtszeit können viele Motive stecken, sind sich Theologe Thorsten Mebus und die Kölner Psychotherapeutin Carmen Rosen einig. Es sei ein Zeichen unserer Zeit: das Gefühl zu haben, größer, schneller, besser sein zu müssen, meint Rosen von der GwG Gesellschaft für Personzentrierte Psychotherapie und Beratung.

Je mehr Licht, desto frommer?

So wolle man mit leuchtenden Umrandungen etwa das eigene Haus aus der Masse herausheben. Dahinter stecke auch Gruppendruck - "werde ich gesehen?" - sagt Rosen.

Ähnlich sieht es Thorsten Mebus. Übermäßige Beleuchtung diene in der Weihnachtszeit vielen als eine Art Statussymbol.

"Es scheint, als könnte man dadurch dem Nachbarn zeigen, dass man sich besonders intensiv auf Weihnachten vorbereitet. Nach dem Motto: Je mehr Licht, desto frommer sind wir, desto intensiver erleben wir den Advent", sagt der Gemeindereferent der Evangelischen Christuskirche im hessischen Bad Vilbel.

Dabei widerspreche dies dem Adventsgedanken. "Es geht eben nicht um eine ‚Zurschaustellung‘, sondern um die Einkehr nach innen", erklärt er. Mit Lichtern wiesen Christen eigentlich auf die Ankunft Jesu hin.

Die gemeinsame Tradition - wird sie nicht übertrieben - stifte auch ein "Wir-Gefühl", erläutert Psychotherapeutin Rosen. Viele Menschen wollten so eine besondere Weihnachtsstimmung zaubern.

"Um Stimmung von außen auf das Innere zu übertragen, muss man aber empfänglich sein", sagt Rosen.

Gerade an dunklen Tagen brauche der Mensch mehr Licht. Denn es symbolisiere nicht nur Wärme und Hoffnung, es helle tatsächlich die Stimmung auf. So werden Depressionen unter anderem mit Licht behandelt.

Doch das ist sicherlich nicht das Motiv der Menschen, die ihre Häuser bis an die Schmerzgrenze mit bunten Lichtern aufrüsten oder sich womöglich noch nicht einmal damit zufrieden geben.

Nicht auszumalen, welch Stimmungsfeuerwerk erst musikalisch unterlegtes Blinklicht-Gewitter zaubern könnte... Einen sehenswerten Versuch zeigt "Weihnachten eXtreme" auf youtube.com.

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