Arzneirückstände

Ärzte könnten Trinkwasser schonen

Arzneimittelspuren im Wasserkreislauf sind ein wachsendes Umweltproblem, warnen Wissenschaftler. Ärzte können ihren Teil zur Lösung des Problems beitragen, meinen sie - indem sie gezielt verordnen.

Von Katrin Berkenkopf Veröffentlicht:
Übers Trinkwasser kommen manche Wirkstoffe wieder zum Patienten zurück.

Übers Trinkwasser kommen manche Wirkstoffe wieder zum Patienten zurück.

© jufo / fotolia.com

KÖLN. Seit 2005 beschäftigt sich Dr. Konrad Götz vom ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung aus Frankfurt am Main mit Medikamentenresten im Wasser. "Langsam verändert sich etwas", so seine Beobachtung.

Kürzlich hat er an der Universität Witten-Herdecke für Medizinstudierende ein erstes Blockseminar zu dem Thema veranstaltet, das Interesse war groß. "Ein echter Glücksfall", findet Götz, denn er sähe die Aufklärung über Arzneispuren in der Umwelt am liebsten als festen Bestandteil der Medizinerausbildung.

Außerdem ist er in Gesprächen mit einigen Landesärztekammern über entsprechende Fortbildungsveranstaltungen. "Zu einem aufgeklärten Ärzte-Selbstbild gehört so ein Thema dazu."

Schmerzmittel, Antibiotika, Blutdruck senkende Mittel, Psychopharmaka und Hormone sind die Stoffe, die am häufigsten im Wasser gefunden werden. Bis zu 70 Prozent eines eingenommen Medikamentes scheiden Patienten wieder aus.

Und nicht eingenommene Arzneien werden häufig noch immer einfach über die Toilette entsorgt. Kläranlagen können diese Rückstände nicht ausreichend herausfiltern, bei Wasserlebewesen gibt es bereits Reaktionen auf die Wirkstoffe.

Die Wittener Studierenden diskutierten in der Projektwoche über die Verschreibungspraxis, übten aber auch die Aufklärung der Patienten zu dem Thema und mögliche therapeutische Alternativen zur Verschreibung von Medikamenten.

Patienten in der Praxis für das Thema sensibilisieren

Darin liegt nach Ansicht von Götz ein Beitrag, den Ärzte zur Verbesserung der Situation leisten könnten. "Das Kernthema ist: Es wird zu viel verschrieben", glaubt Götz. Der Wissenschaftler weiß, dass er damit einen heiklen Punkt anspricht.

Bislang sei der Versuch, Niedergelassene für das Thema zu sensibilisieren, oft an der Ablehnung der Ärzte gescheitert, berichtet Götz. Dabei könne er ihr Verhalten verstehen: "Sie befürchten eine weitere Gängelung und wollen nicht auch noch dafür zuständig sein."

Wer sich mit dem Thema jedoch bereits auseinander gesetzt habe, erkenne schnell, dass die Problematik der Medikamentenreste im Wasser schließlich irgendwann über dasselbe zu den Patienten zurück komme.

Die Aufklärung der Patienten müsse nicht zwingend über das ärztliche Gespräch erfolgen, auch schriftliche Informationen durch Flyer oder Broschüren, die im Wartebereich ausliegen, oder eine Ansprache durch entsprechend geschultes Personal sind eine gute Möglichkeit, erklärt Götz.

Ein gutes Beispiel für die Umsetzung in die ärztliche Praxis liefere Schweden: Dort könnten Mediziner bei der beabsichtigten Verschreibung von Medikamenten schnell und bequem in einem Online-Informationssystem nachschauen, ob es weniger belastende Alternativ-Arzneien gibt.

Arzneimittelspuren im Wasser werden Mediziner und Wissenschaftler noch weiter beschäftigen, ist Götz überzeugt. "Der Wissensstand ist noch ganz am Anfang."

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