Pilotprojekt

Wie Kunst bei Demenz helfen kann

Wie wirken sich Museumsbesuche und anschließende künstlerische Arbeiten auf das Befinden von Demenzpatienten aus? Eine Frankfurter Studie soll neue Erkenntnisse liefern.

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Bilder im Frankfurter Museum Städel: Demenzpatienten diskutieren über Kunst

Bilder im Frankfurter Museum Städel: Demenzpatienten diskutieren über Kunst

© Schall / Goethe-Universität Frankfurt

FRANKFURT AM MAIN. Das Städel Museum und der Arbeitsbereich Altersmedizin der Goethe-Universität Frankfurt am Main haben ein medizinisches Pilotprojekt für Menschen mit Demenz gestartet.

ARTEMIS (ART Encounters: a Museum Intervention Study) ist die erste umfassende wissenschaftliche Studie zur interaktiven Kunstvermittlung und den therapeutischen Potenzialen von Kunsttherapie bei Demenz im deutschsprachigen Raum.

Regelmäßig ins Museum

In diesem Projekt wird untersucht, welchen Beitrag regelmäßige Museumsbesuche und die interaktive Beschäftigung mit Kunst leisten können, um das emotionale Wohlbefinden und das Kommunikationsverhalten von Menschen mit leichter bis mittelgradiger Demenz zu steigern und die Beziehung zu ihren betreuenden Angehörigen zu verbessern.

Zudem soll auf diese Weise Menschen mit Demenz und ihren durch die Pflege eingebundenen Angehörigen ein Stück gesellschaftliche Teilhabe und soziale Integration ermöglicht werden.

"Die Begegnung mit Kunst ist Teil unserer Kultur. Dass Menschen mit Demenz in vielerlei Hinsicht hiervon profitieren können, scheint erst einmal intuitiv richtig. Bislang steht der wissenschaftliche Nachweis allerdings noch aus. Dieser ist jedoch eine wichtige Voraussetzung für eine breite Anwendung und soll durch das ARTEMIS-Projekt erstmalig erbracht werden", so Professor Johannes Pantel, Leiter des Arbeitsbereichs Altersmedizin an der Goethe-Universität Frankfurt.

Gefördert wird das Projekt durch die Familie Schambach-Stiftung. Gerade auf dem Gebiet der Demenzforschung bestehe ein hoher Forschungsbedarf, sagte Hansjörg Werner, Vorstandsmitglied der Stiftung.

"Das Bedeutsame an diesem Projekt ist, dass nicht die Defizite der Menschen mit Demenz im Vordergrund stehen. ARTEMIS hat zum Ziel, durch Kunstbetrachtung die erhaltenen Fähigkeiten der Menschen mit Demenz zu wecken, zu fördern und Teilnehmer zu eigener Kreativität anzuregen", so Werner.

Das Projekt ist für die Dauer von zwei Jahren angelegt. Der Auftakt fand bereits im Oktober statt. Zwei Teilnehmergruppen, bestehend aus insgesamt sieben Demenzpatienten und je einem begleitenden Angehörigen, nehmen seitdem an etwa einstündigen thematischen Führungen durch speziell geschulte Kunstvermittler des Museums teil.

Im Anschluss daran wird in den Städel Atelierräumen kreativ gearbeitet. Die Teilnahme an der Studie ist für die Studienteilnehmer kostenfrei und setzt keine künstlerische Begabung voraus.

Bewusst werden verschiedene künstlerische Techniken in die Atelierarbeit aufgenommen: Collagen, Malerei, einfache Drucktechniken und Arbeiten mit Ton. Die Aufgaben sind so angelegt, dass die an Demenz erkrankte Person und ihr Begleiter miteinander in einen kreativen Austausch treten können.

Randomisierte Studie

Das ARTEMIS-Projekt ist die erste randomisierte und kontrollierte Studie zum Einfluss von Museumsbesuchen und künstlerischer Betätigung auf das emotionale Befinden von Menschen mit Demenz. Vor und nach dem Museumsbesuch werden in einer Kurzbefragung Daten zur Stimmung und zum Gedächtnis der Menschen mit Demenz erhoben.

Die Studie vergleicht erstmals mithilfe einer Interventionsgruppe und einer Kontrollgruppe die Auswirkungen der interaktiven Auseinandersetzung mit Kunst im demenziellen Kontext. Die Zuteilung zu einer von beiden Gruppen erfolgt per Zufallsprinzip.

Die Teilnehmer in der Kontrollgruppe erhalten ebenfalls die Gelegenheit zu wöchentlichen Besuchen im Städel Museum, allerdings ohne Kunstführungen und anschließende Atelierarbeit.

Zusätzlich zu Standardtests, die in beiden Gruppen den Verlauf der Demenzerkrankung dokumentieren, ermitteln die Forscher auch die Belastung der Angehörigen, sie analysieren die Beziehung zwischen ihnen und den Erkrankten, Veränderungen der Lebensqualität und die Sicht auf die Zukunft. (eb)

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