Sonnenfinsternis

Es drohen schwere Netzhautschäden

Die Sonnenfinsternis am Freitag ist ein seltenes Schauspiel. Ohne Vorsichtsmaßnahmen drohen schwere Netzhautschäden. Doch nicht jeder Augenschutz ist geeignet.

Von Jana Kötter Veröffentlicht:
Testet die Schutzbrille vor der Sonnenfinsternis: Dr. Janine Fohlmeister vom Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam.

Testet die Schutzbrille vor der Sonnenfinsternis: Dr. Janine Fohlmeister vom Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam.

© Hirschberger / dpa

NEU-ISENBURG. Hobbyastronomen in ganz Deutschland sehnen sie bereits herbei - Augenärzte hingegen blicken der Sonnenfinsternis am Freitag sorgenvoll entgegen.

„Wenn jemand der Versuchung erliegt und bei der Sonnenfinsternis diese Dunkelsonne betrachten will, besteht eine große Gefahr für die Augen“, warnt Dr. Georg Eckert, Sprecher des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands (BVA).

Zwischen 9.30 und 12 Uhr kommt es am Freitag zur partiellen Sonnenfinsternis über Deutschland: Der Mond wird die Sonne dann zwischen etwa 82 Prozent, etwa in Flensburg, und 68 Prozent um München verdecken.

Ohne Schutz ist das seltene Spektakel am Himmel jedoch ein gefährliches Unterfangen: Die Netzhaut könne verbrennen, erklärt Eckert.

„Durch die Hornhaut des Auges und durch die Augenlinse wird das Licht so stark gebündelt, dass es an der Stelle des schärfsten Sehens zu Verbrennungen kommen kann. Diese Schäden sind größtenteils unwiderruflich.“

Körper gibt kein Warnsignal

Wer ohne geeigneten Schutz den Blick in die Sonne wage, riskiere seine Sehkraft, warnt auch das Bundesamt für Strahlenschutz.

Das Gefährliche: „Der Körper gibt kein Warnsignal, denn Netzhautschäden verursachen keine Schmerzen“, so das Bundesamt in einer aktuellen Mitteilung. „Wenn man sie bemerkt, ist es zu spät.“

Die Beschwerden äußerten sich nicht nur in einer reduzierten Sehschärfe, sondern vor allem in einem zentral gelegenen dunklen Punkt im Sehfeld, erklärt Dr. Werner Schmidt, Oberarzt der Augenklinik des Universitätsklinikums Gießen und Marburg.

„Diesen sieht man beispielsweise auch nach dem Blick in die grelle Sommersonne. Im Normalfall verschwindet der Punkt aber nach maximal 15 Minuten.“

Für einen irreparablen Makulaschaden reichen laut Schmidt wenige Sekunden der ungeschützten Beobachtung aus. Eine zertifizierte Brille ist für Freitag deshalb unverzichtbar. Eine handelsübliche Sonnenbrille reiche nicht aus, um die Augen ausreichend zu schützen, betont Eckert.

Auch „ Hausmittel“ seien kein verlässlicher Schutz, so das Bundesamt für Strahlenschutz: „Rußgeschwärzte Gläser, schwarze Filmstreifen, CDs oder ähnliches sind völlig ungeeignet.“ Für die Beobachtung der Sonne sollten ausschließlich Schutz- oder

Folienbrillen verwendet werden, die eindeutig zu diesem Zweck bestimmt sind. Höchstens 0,001 Prozent des Sonnenlichts dürfen hindurchkommen.

Brillen vielerorts ausverkauft

Das Problem: Fast überall sind die Brillen bereits ausverkauft; viele Händler und Optiker waren auf die überaus große Nachfrage nicht vorbereitet.

Nur vereinzelt gibt es die Brillen noch zu kaufen. In wenigen Onlineshops gibt es jedoch noch Bastelsets mit zertifizierter Folie, bei der die Brille selber angefertigt werden muss.

So bot zwei Tage vor dem Spektakel etwa der Amazon-Händler „Astroshop“ ein solches Set, das auf Anfrage auch per Express bis 9 Uhr am Tag nach der Bestellung eintreffen sollte.

Außerdem gibt es im Internet noch Händler, die spezielle Filterfolien anbieten. Mit diesen können Teleskope, Ferngläser und Kameras für die Sonnenfinsternis aufgerüstet werden.

Wer keine Brille mehr bekommt, kann die Sonnenfinsternis trotzdem beobachten. Eckert verweist auf die Übertragung im Fernsehen.

Viele Sternwarten und astronomische Vereine in Deutschland bieten darüber hinaus Sonderveranstaltungen an, so zum Beispiel in den hessischen Städten Bad Nauheim, Kassel und Darmstadt. Dabei kann man das Himmelsschauspiel gefahrlos durch spezielle Fernrohre beobachten.

Ohne geeigneten Schutz sollte man dabei „auf keinen Fall“ in die Sonne schauen, betont Eckert. Vorsichtig sein sollte man auch mit gebrauchten Brillen - etwa von früheren Himmelsereignissen.

Altert das Material, können Risse entstehen. Durch den Gebrauch können außerdem Kratzer oder Löcher in der Folie entstanden sein, durch die das Licht dann ungehindert ins Auge gelangt.

Wer also seine Sonnenfinsternis-Brille von 1999 noch hat, sollte diese zunächst eingehend prüfen.

Hunderte Behandlungen nach Sonnenfinsternis 1999

Kinder und Menschen mit einer Augenkrankheit sind besonders gefährdet und sollten daher völlig auf das Spektakel verzichten, meinen die Augenärzte. Gerade bei neugierigen Kindern könne es jedoch schwierig sein, sie vom ungeschützten Blick in den Himmel abzuhalten, fürchtet Eckert.

„Wir hoffen für die Augengesundheit unserer Mitbürger, dass es am Tag der Sonnenfinsternis regnet“, sagt der Augenarzt deshalb. Bereits bei der letzten Finsternis 2006 war es zu bewölkt, um das Spektakel zu sehen.

Ein Blick in die Vorjahre erklärt jedoch Eckerts Befürchtung: Bei einer partiellen Sonnenfinsternis 1954 hätten einer früheren Statistik des Augenärzteverbands zufolge allein im damaligen Westteil von Berlin 57 Menschen wegen Netzhautschäden behandelt werden müssen.

Bei einer Sonnenfinsternis 1970 in den USA erblindeten nach offiziellen Angaben 145 Menschen ganz oder teilweise.

1999, während der letzten gut zu beobachtenden Sonnenfinsternis hierzulande, ließen sich Medienberichten zufolge allein in München und Frankfurt mehr als 170 Menschen behandeln. Besonders schlimm traf es einen 18 Jahre alten Berliner, der bis zu 90 Prozent seines Augenlichts verlor.

Eckerts Hoffnung, dass sich diese Szenarien in diesem Jahr nicht wiederholen, könnte sich laut Wetterkarte dabei zumindest in Teilen Deutschlands erfüllen: „Am Freitag nimmt von der Nordsee her die Bewölkung zu, im Norden fällt auch etwas Regen“, lautet die Aussicht des Deutschen Wetterdienstes.

Des einen Freud ist dabei des anderen Leid: Die nächste Beobachtungschance für eine Sonnenfinsternis bekommen Hobbyastronomen in Deutschland erst wieder am 25. Oktober 2022. (mit Material der dpa)

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