Kampf gegen Malaria

"Das Endspiel wird richtig hart werden"

Malaria ist eine Erkrankung, die im Prinzip weltweit ausgelöscht werden könnte. Doch ist das wirklich ein realistisches Ziel? Professor Charles Mgone, Geschäftsführer der auf klinische Forschung im mittleren und südlichen Afrika spezialisierten European and Developing Countries Clinical Trials Partnership (EDCTP), ist vorsichtig optimistisch.

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Professor Charles Mgone.

Professor Charles Mgone.

© Philipp Grätzel von Grätz

Das Interview führte Philipp Grätzel von Grätz

Ärzte Zeitung: Wie haben sich die Erkrankungszahlen seit der Jahrtausendwende entwickelt?

Charles Mgone: Es gibt einen klaren Abwärtstrend. Die Inzidenz pro 1000 Risikopersonen ist global um etwa 30 Prozent zurückgegangen. Die Sterblichkeit in Afrika hat sich etwa halbiert.

Trotzdem haben wir immer noch knapp 600.000 Todesopfer durch Malaria weltweit pro Jahr. Immer noch stirbt alle 60 Sekunden ein Kind an Malaria.

Malariaexperten sprechen immer häufiger von einer Eradikation der Plasmodien. Ist das realistisch?

Mgone: Ich denke schon, dass das realistisch ist. Es gibt mittlerweile 115 Länder, in denen keine Malariaübertragung mehr stattfindet. Weitere etwa 30 Länder stehen kurz davor.

Trotzdem sind wir noch nicht nahe dran an einer Eradikation. Das Endspiel gegen den Parasiten wird richtig hart werden, und gespielt wird in Afrika südlich der Sahara.

Welche Schritte müssten unternommen werden, um einer Eradikation näher zu kommen?

Das geht nur, wenn wir an vielen Stellen gleichzeitig ansetzen.

Mgone: Wir brauchen die Arbeit vor Ort. Es gibt immer noch Vorurteile und zu viel Business-As-Usual. Wir müssen Moskitonetze ausgeben, die auch benutzt werden, das ist leider nicht immer der Fall.

Wir brauchen auch neue Medikamente, noch nicht sofort, aber spätestens dann, wenn das Endspiel beginnt. Diese Medikamente sollten idealerweise für eine Einmalbehandlung geeignet sein.

Und sie sollten möglichst an allen Stadien des Lebenszyklus der Plasmodien ansetzen, um auch eine Übertragung der Parasiten zu verhindern. KAE609 ist ein Beispiel für ein solches neues Medikament.

Es ist seit 20 Jahren das erste Molekül mit komplett neuem Wirkmechanismus, das es in die Phase II der klinischen Prüfung geschafft hat. Es könnte für eine Einmaltherapie geeignet sein, aber das muss natürlich detailliert untersucht werden.

Braucht es neue Diagnostika?

Mgone: Wir haben mittlerweile Schnelltests, die gut funktionieren. Aber für das Endspiel sind sie noch nicht gut genug. Asymptomatische Träger können wir damit nicht erkennen.

Da müssen wir hinkommen. Ein anderes Problem ist, dass die Tests zu selten eingesetzt werden, weil es im Zweifel billiger ist, auf Verdacht zu behandeln. Das ist nicht ideal und erhöht das Risiko der Resistenzentwicklung.

Was wäre die Alternative zu einer Eradikation?

Mgone: Das ist der entscheidende Punkt. Es gibt keine vernünftige Alternative. Wenn wir nicht versuchen, den Parasiten zu eradizieren, werden die Malariakontrollprogramme in vielen Ländern immer weiter laufen müssen.

Denn sobald wir in der Wachsamkeit nachlassen, kommt die Erkrankung wieder. Wir sehen das gerade in Westafrika, wo die Malaria im Gefolge der Ebolakrise wieder stärker wird. Solche Beispiele gibt es Dutzende.

Eine nur teilweise Eindämmung der Malaria ist auch medizinisch problematisch, weil die Menschen dann weniger Immunität entwickeln und entsprechend gefährdeter sind, wenn sie doch einmal erkranken. Das Ziel muss also die Eradikation sein.

Lesen Sie dazu auch: Malaria in Afrika: Die Mücken fragen nicht nach Wohlstand

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