Afghanistan und Pakistan

Hilfe für Erdbebenopfer ist schwierig

Hunderte Häuser sind zerstört, Menschen schlafen im Freien und Erdrutsche blockieren Straßen. Nach dem schweren Beben in Afghanistan und Pakistan dringen die Helfer nur langsam vor. Viele Menschen sind noch eingeschlossen. Die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" ist bereits vor Ort, um medizinische Hilfe zu leisten.

Von Anne Zegelman Veröffentlicht:
Ärzte versorgen die Kopfwunde einer vom Erdbeben verletzten Frau in Peshawar, Pakistan.

Ärzte versorgen die Kopfwunde einer vom Erdbeben verletzten Frau in Peshawar, Pakistan.

© EPA / Arshad Arbab / dpa

KABUL/ISLAMABAD. Zwei Tage nach dem schweren Erdbeben im Hindukusch mit mehr als 350 Toten sind die ersten Rettungsteams zu eingeschlossenen Menschen vorgedrungen.

Militärflugzeuge hätten abgelegene Regionen in der nordwestpakistanischen Provinz Khyber-Pakhtunkhwa erreicht und Verletzte in die Hauptstadt Islamabad ausgeflogen, teilte die Regierung am Dienstag mit. Soldaten verteilten außerdem Essen und Medizin an Überlebende.

Der pakistanische Premierminister Nawaz Sharif schickte nach Angaben eines Sprechers Hubschrauber in die abgelegenen Regionen. Sowohl in Afghanistan als auch in Pakistan waren viele Wege durch Erdrutsche unpassierbar und die Helfer kamen nur schwer zu den Betroffenen durch.

Wie der Chef der pakistanischen Verkehrsbehörde, Mushtaq Tarar, erklärte, wurden schwere Maschinen eingesetzt, um eine wichtige Verbindungsstraße zwischen Pakistan und China zu befreien. Pakistans Armee erklärte, Wege durch 27 von 45 Erdrutschen geschaufelt zu haben. Vier Helikopter seien unterwegs.

In das Dorf Chakdara im Nordwesten Pakistans drangen auch am Dienstag noch keine Helfer vor, wie der Einwohner Zaman Khan der Deutschen Presse-Agentur am Telefon berichtete. "Ich habe keine Unterkunft für mich und meine Kinder. Jemand muss kommen und uns helfen", sagte der Betroffene.

Schon kurz nach dem Beben am Montagnachmittag waren unter anderem in sozialen Netzwerken erste Augenzeugenberichte aufgetaucht. Menschen, die von herabfallenden Trümmern erschlagen wurden, Erdrutsche, Stromausfälle und Massenpanik — während die Zahl der Toten zunächst auf 50 geschätzt wurde, ist sie mittlerweile deutlich nach oben korrigiert worden. Am Dienstagnachmittag gingen offizielle Stellen von mindestens 350 Opfern aus.

In Pakistan stieg die Opferzahl auf 275 Tote, in Afghanistan starben nach Regierungsangaben mindestens 115 Menschen. Im indischen Himalaya Tal nahe der Grenze zu Pakistan und China kamen nach indischen Angaben mindestens vier Menschen ums Leben. Zudem wurden rund 2500 Häuser in Pakistan und mehr als 7600 in Afghanistan beschädigt. Hunderte Menschen mussten die Nacht im Freien verbringen.

Mobiles Krankenhaus

Neben Erdrutschen, die die Wege in der bergigen Region blockierten, seien viele Straßen unpassierbar, weil sie von den radikalislamischen Taliban kontrolliert würden, sagte Mawlawi Hamidullah Muslim, Mitglied des Provinzrates im afghanischen Badachschan. Die Taliban forderten derweil dazu auf, Hilfe in die betroffenen Gebiete zu liefern.

Unter anderem Indien und die USA boten ihre Hilfe an. Pakistans Premierminister Nawaz Sharif aber lehnte dankend ab. "Unsere eigenen Ressourcen sind ausreichend, um mit der Tragödie fertig zu werden", erklärte er.

Auch die Vereinten Nationen erklärten, sie stünden für Rettungsarbeiten bereit, falls es Bedarf gebe. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bot Hilfe an, sprach den Betroffenen in der Region sein Beileid aus und wünschte den Verletzten eine rasche Genesung.

Hunderte drängen sich in Kliniken

Nach Angaben der pakistanischen Zeitung "Dawn" sendete die Regierung Pakistans bislang 2000 Zelte und ein mobiles Krankenhaus in die Region. Die Hilfsorganisation Roter Halbmond ist sowohl in Pakistan als auch Afghanistan mit Teams unterwegs.

Nach dem Beben drängten sich die Menschen zu Hunderten in den Krankenhäusern der Region auf den einfachen Betten, die Kleidung blutverschmiert. Durch die Flure hetzten Männer mit ihren Kindern auf den Armen. Viele der kleinen Patienten hatten Mullbinden um den Kopf gewickelt oder die Arme eingegipst.

Bei Organisationen wie "Ärzte ohne Grenzen" ist an Tag zwei nach dem Beben bereits Erste Hilfe angelaufen. "Wir sind ohnehin dort vor Ort in Pakistan und Afghanistan vertreten und versuchen jetzt gerade, in die betroffenen Gebiete zu kommen", berichtete Sprecherin Christiane Winje am Dienstagnachmittag.

Hilfe aus Bordeaux und Brüssel

Sie habe Berichte erhalten, nach denen Mitarbeiter der Hilfsorganisation in Pakistan Verletzte versorgt hätten; Details seien allerdings noch nicht bekannt. Von den zentralen Logistikzentren der "Médecins Sans Frontières" im belgischen Brüssel und französischen Bordeaux aus seien bereits Maschinen mit medizinischem Material gestartet, so die Sprecherin.

Die Welthungerhilfe in Afghanistan teilte mit, man bereite sich darauf vor, betroffenen Menschen in der Region zu helfen. Besonders die kalten Temperaturen bis zu minus zehn Grad in der Nacht würden die Menschen vor große Probleme stellen. "Unsere Mitarbeiter bemühen sich seit Stunden, genauere Informationen über Opfer und Schäden zu bekommen.

Besonders die einheimischen Mitarbeiter sind permanent am Telefon, um über Verwandte und Bekannte etwas über die Lage in dem Berggebiet zu erfahren", sagte Katja Richter, die Landesdirektorin der Welthungerhilfe in Kabul, kurz nach dem Beben.

Fast auf den Tag genau vor einem halben Jahr, am 25. April, gab es ein großes Himalaya-Erdbeben der Stärke 7,8, dessen Zentrum in Nepal lag. Damals starben rund 9000 Menschen. Die Situation in vielen ländlichen Regionen Nepals ist nach wie vor prekär.

Das Epizentrum des jüngsten Erdbebens, das von verschiedenen geologischen Messzentren übereinstimmend auf die Stärke 7,5 festgelegt wurde, lag in Badachschan im Dreiländereck zwischen Afghanistan, Pakistan und Tadschikistan.

Dass das Epizentrum in gut 205 Kilometer Tiefe und zudem in einem dünn besiedelten Gebiet lag, habe die Region vor noch größeren Verlusten bewahrt, hatte Professor Frederik Tilmann vom Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) nach der Katastrophe von Montag erklärt. (mit dpa-Material)

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