Lesotho

Deutscher Entwicklungshelfer bildet afrikanische Ärzte weiter

Lesotho im südlichen Afrika kämpft mit Ärzteschwund. Ein allgemeinmedizinisches Weiterbildungsprogramm soll die Mediziner enger an das Land binden. Ein Deutscher ist daran maßgeblich beteiligt.

Von Ursula Hilpert Veröffentlicht:
Das Krankenhaus in Leribe, Lesotho: Der Männertrakt befindet sich rechts, der Frauentrakt links.

Das Krankenhaus in Leribe, Lesotho: Der Männertrakt befindet sich rechts, der Frauentrakt links.

© Ursula Hilpert

HEIDELBERG. Das Königreich Lesotho, eine parlamentarische Monarchie im südlichen Afrika, beeindruckt Reisende mit seiner ursprünglichen Natur. Doch im Innern kämpft das Land mit zunehmender Gewaltkriminalität – und außerdem laufen dem Gesundheitssystem die Ärzte davon.

Am Distriktkrankenhaus in Hlotse/Leribe leitet der deutsche Arzt und Entwicklungsexperte Dr. Rudolf Schumacher ein Ärzte-Weiterbildungsprogramm. Mit dem Postgraduiertenprogramm FMSTP (Family Medicine Specialty Training Program) versucht das Land, einer weiteren Abwanderung von Ärzten in die umliegenden Länder, insbesondere nach Südafrika, entgegenzuwirken.

Das Programm, das mit Unterstützung der Universität Boston im Jahr 2008 ins Leben gerufen wurde, bietet ausgebildeten Ärzten in Lesotho die Möglichkeit, sich während eines anspruchsvollen vierjährigen Curriculums weiterzubilden, um danach die Leitung der Distriktkrankenhäuser des Landes zu übernehmen.

"Das Programm hat vier Schwerpunkte: Verbesserung der klinischen Perfektion, Community Medicine, Distrikt-Gesundheitsmanagement und die selbstständige Durchführung eines operationalen kleinen Forschungsprojekts", erklärt Schumacher, der an der Entwicklung beteiligt war und dabei von der Universität Boston unterstützt wurde.

Nachfolger hat Visionen

Noch ist er – von der Landesregierung angestellt – vor Ort, betreut und unterrichtet die Ärzte in Weiterbildung. Doch bald soll die Leitung in die Hände eines der ersten Graduierten gelegt werden.

Schumacher ist voll des Lobes für seinen Nachfolger: "Er hat die Vision eines Gesundheitssystems für sein eigenes Land, das patientenzentriert, familienorientiert und communitybasiert ist." Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem qualifizierten und dabei auch unabhängigen Gesundheitssystem in Lesotho.

Voraussetzung für die Zulassung zum Fortbildungsprogramm ist, dass die Aspiranten Basotho sind, also Angehörige des Bergvolks, das überwiegend in Lesotho, aber auch in den umliegenden südafrikanischen Provinzen lebt.

Außerdem müssen die Bewerber eine ärztliche Ausbildung in einer "medical school" abgeschlossen haben und mindestens ein Jahr ärztliche Praxis vorweisen können. Die Teilnehmer müssen sich verpflichten, nach Abschluss des Postgraduiertenprogramms langfristig in Lesotho zu bleiben.

Im Curriculum wechseln sich Präsenzunterricht – meist einwöchige Unterrichtseinheiten im Distriktkrankenhaus von Leribe – mit der Arbeit im eigenen Distriktkrankenhaus ab, an dem die Ärzte in Weiterbildung angestellt sind. Schwierige Fälle und seltene Erkrankungen werden im Rahmen eines Konsils diskutiert.

Programm bildet in vielen Fachbereichen weiter

Inhaltlich umfasst das FMSTP alle wichtigen medizinischen Fachbereiche wie Pädiatrie, Gynäkologie mit Mutter-Kind-Betreuung, Traumatologie, Psychiatrie oder Innere Medizin mit einem Schwerpunkt auf HIV/Aids und Tuberkulose. Aber auch Themen wie Vorsorge und Public Health stehen auf dem Plan.

Das Postgraduiertenprogramm wird vom Gesundheitsministerium in Lesotho gefördert und ist akkreditiert durch das Erziehungsministerium (Council of Higher Education). Die Regierung zahlt die Gehälter der ausgewählten Ärzte und der Fakultätsmitglieder. Für die Präsenzseminare stehen außerdem beschränkte finanzielle Mittel des Global Fund zur Verfügung.

"Doch auch wenn das Gesundheitsministerium von Lesotho mit der Übernahme der Gehälter den finanziell größten Anteil beiträgt, braucht das Weiterbildungsprogramm dringend noch mehr Unterstützung von wohlwollenden und sachverständigen Freunden und Partnern", erklärt Schumacher.

Und weiter: "Das könnte uns erlauben, das Programm nicht nur auf alle Distrikte des Landes, sondern auch auf die Krankenhäuser der Christian Health Association of Lesotho (CHAL), die 40 Prozent aller Gesundheitseinrichtungen betreibt, auszudehnen, rasch weiter zu entwickeln und landesweit fest zu etablieren."

Rundhütten für Schwangere

Mit 210 Betten ist das Krankenhaus von Hlotse / Leribe das größte Distriktkrankenhaus in Lesotho. Täglich werden bis zu 300 Patienten mit unterschiedlichsten Erkrankungen versorgt, wobei eine große Zahl auf HIV sowie Tuberkulose und Atemwegserkrankungen entfällt, letztere häufig bedingt durch das Kochen auf offenem Feuer und fehlende Rauchabzugsmöglichkeiten in den einfachen Wohnhäusern.

Dr. Sebaka Malope, stellvertretender Direktor des Weiterbildungsprogramms, erklärt eine Besonderheit des Krankenhauses: die mehrere Rundhütten umfassende "Waiting Mothers Lodge".

Um Risiken vor allem während der Spätschwangerschaft zu reduzieren, können Schwangere oft schon vier bis sechs Wochen vor dem Geburtstermin stationär aufgenommen und betreut werden.

Dank der rechtzeitigen Gabe entsprechender Medikamente in dieser Zeit kann das Neugeborene auch bei einer HIV-Infektion der Mutter während der Geburt geschützt werden.

Hohe Migrationsbereitschaft

Die Krankenstationen sind in einen Männer- und einen Frauen-Trakt aufgeteilt, sowie eine separate Kinderstation. Neben mehreren Operationssälen gibt es auch eine Blutbank, die bereits erwähnte Mutter-Kind-Station, eine Großküche, eine Wäscherei sowie, und das ist ungewöhnlich für ein Entwicklungsland, eine eigene Abteilung für Physiotherapie.

Wie hoch die Migrationsbereitschaft der Ärzte in den Ländern des Sub-Kontinents des südlichen Afrika ist, zeigt sich auch am Leiter des Distriktkrankenhauses in Mokhotlong, der aus der Demokratischen Republik Kongo stammt.

Eine wichtige Rolle spielen Laien-Gesundheitshelfer in den Dörfern, in denen sogenannte Gesundheitsposten eingerichtet sind. Die Ärzte versuchen, mit traditionellen Heilern ("lingaga tsa meetlo") zusammen zu arbeiten, die es in nahezu jedem Dorf noch gibt.

Die Dorf-Gesundheitsposten unterstehen den kommunalen Gesundheitszentren und werden von qualifiziertem Pflegepersonal geleitet. Nur für den Fall, dass den Patienten dort nicht geholfen werden kann, kommen sie in die Distriktrankenhäuser oder werden von dort direkt in die Hauptstadt Maseru überwiesen.

Die meisten ländlichen Gesundheitszentren können heute zwar über mehr oder weniger befestigte Straßen und Wege erreicht werden, doch nicht in allen dörflichen Regionen funktioniert das Telefonnetz.

Fünfstündiger Krankentransport

Ein Krankentransport ins Distriktkrankenhaus kann schon mal fünf Stunden in Anspruch nehmen, was auch an den Straßenverhältnissen liegt. Abhängig von Wetterbedingungen und Landemöglichkeiten können in Notfällen auch einmotorige Flugzeuge zum Einsatz kommen.

Das Distriktkrankenhaus von Mokhotlong hat 120 Betten. Es gibt drei Ärzte ohne Weiterbildung und mehrere gut qualifizierte Krankenschwestern.

Eine einheimische Ärztin aus Mokhotlong, die seit 2015 am Weiterbildungsprogramm für Allgemeinmedizin in Leribe teilnimmt und Ende 2018 ihre Facharztprüfung ablegen wird, arbeitet schon jetzt als "District Medical Officer".

Sie überwacht und koordiniert gemeinsam mit dem "District Health Team" Vorsorgemaßnahmen wie Impfungen, die Behandlung von Tuberkulose-Patienten, HIV-Therapie und die Betreuung von HIV-infizierten Schwangeren.

Die Versorgung mit Medikamenten, so der leitende Arzt, sei befriedigend, und die HIV-Medikation entspreche den nationalen Richtlinien, die wiederum den internationalen Standards der Weltgesundheitsorganisation folgen. Ein großes Problem seien jedoch zunehmende Mehrfachresistenzen bei der Behandlung der Tuberkulose.

Tuberkulose-Früherkennung wichtiger Schwerpunkt

Besonderes Augenmerk gelte daher einer möglichst frühen Entdeckung und Behandlung von TB-Patienten. Die HIV-Prävalenz liegt im Distrikt Mokhotlong, wie im gesamten Land, bei rund 23 Prozent, was bedeutet, dass fast jeder vierte Einwohner infiziert ist.

Kein Wunder, dass in allen öffentlichen Einrichtungen wie Hotel- oder Restauranttoiletten, aber auch am Empfang der Distriktverwaltung Vorrichtungen zur kostenlosen Kondomverteilung zu finden sind.

Wie schon in Leribe gibt es auch im Distriktkrankenhaus von Mokhotlong eine Abteilung für "Waiting Mothers". Dank eines von der Regierung zur Verfügung gestellten Extrabudgets ist die Verpflegung der Schwangeren, die ein bis zwei Monate vor der Entbindung aufgenommen werden können, sichergestellt.

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