Ein Jahr nach dem Tod von Superstar Prince

Wenn Fans Abschied nehmen müssen

Leben, Musik machen, sterben: In Paisley Park tat Musiker Prince alles. Genau ein Jahr nach seinem Tod ist das Anwesen Pilgerstätte für trauernde Fans – und Mahnmal für den Umgang mit Schmerzmitteln. Ein Besuch.

Von Jana Kötter Veröffentlicht:
Paisley Park: In der Lobby des Komplexes liegt die Asche des Künstlers. © Paisley Park a

Paisley Park: In der Lobby des Komplexes liegt die Asche des Künstlers. © Paisley Park a

© Paisley Park a

CHANHASSEN. Für viele ist das Betreten der Lobby ein Schlüsselmoment. "Viele können ihre Emotionen dann nicht mehr zurückhalten und beginnen zu weinen", erzählt Mitch. Der Auslöser dafür hängt an der Stirnseite des Raums: die Asche des Musikers Prince, in einer Urne in Form von Paisley Park. Das Zehn-Millionen-Dollar-Anwesen war nicht nur Herzstück seiner Karriere – hier nahm er seine Platten auf – sondern auch sein privates Heiligtum.

Nach dem Tod der Poplegende vor genau einem Jahr wurde Paisley Park für Besucher geöffnet. Mitch führt täglich Touren durch den Komplex. Und immer wieder sieht er, auch ein Jahr danach, Besucher unter der Urne zusammenbrechen. "Manchmal sind das nicht einmal die größten Fans, sondern eben jene Touristen, die sich plötzlich überrumpelt fühlen von der Nähe zum Tod", beobachtet er. Dass diese Nähe erdrückend sein kann, versteht Mitch nur allzu gut. "Ich war selber ein großer Fan und habe viele Konzerte in Paisley Park besucht."

Überdosis Fentanyl

Doch das Anwesen soll nicht nur Pilgerstätte sein, sondern auch Mahnmal – besonders in Zeiten steigender Medikamentenabhängigkeit. Fast 30.000 der 52.404 Amerikaner, die 2015 an einer Überdosis gestorben sind, starben an den Folgen eines Medikamentenmissbrauchs. 2010 waren es noch rund 8000 weniger.

In seiner Heimat lebt Prince weiter – auch als Wandbild.

Musiker Prince war im vergangenen Jahr eines dieser Opfer. Am 21. April wurde er in Paisley Park im US-Staat Minnesota gefunden. Nach ersten Gerüchten, der 57-Jährige sei an den Folgen einer Grippe gestorben, zeigte eine Obduktion sechs Wochen nach seinem Tod: Die Todesursache war eine Überdosis des Schmerzmittels Fentanyl. Den Untersuchungsberichten zufolge handelte es sich um ein Versehen, die behandelnden Ärzte – sein Hausarzt hatte ihn noch am Tag vor dem Tod gesehen – traf keine Schuld. Die genauen Umstände sind jedoch bis heute ungeklärt.

Prince soll wegen seiner spektakulären Auftritte und Outfits – er trug nur High Heels – Knie- und Hüftprobleme mit starken Schmerzen gehabt haben. "Auch daran wollen wir erinnern", sagt Mitch. Jüngst veröffentlichte Ermittlungsunterlagen lassen Rückschlüsse auf Princes Umgang mit Medikamenten zu. Diesen zufolge hatte er "erhebliche Mengen" starker verschreibungspflichtiger Schmerzmittel gelagert (die "Ärzte Zeitung" berichtete). Im Schlafzimmer fanden die Ermittler laut Medienberichten mehrere Behälter mit Schmerzmitteln, die zum Teil frei verkäufliche Präparate, zum Teil aber auch rezeptpflichtige Mittel wie das opiathaltige Acetaminophen-Hydrocodone enthalten haben sollen. Die Ermittler stießen zudem auf Briefumschläge, in denen Schmerzpillen versteckt waren.

Die Gerichtsunterlagen sollen auch Aussagen von Princes Arzt Michael Todd Schulenberg enthalten, der zugibt, Schmerzmittel-Rezepte auf einen anderen Namen ausgestellt zu haben, um die Anonymität des Musikers zu wahren. Zeugen sollen zudem von regelmäßigen Entziehungskuren berichtet haben.

Fans blenden Todesursache oft aus

Für extreme Fans wie Margo Davis sind die Hintergründe hinter Princes Tod oft zweitrangig. Die junge Frau war eine der ersten, die Paisley Park nach der Eröffnung im Oktober besuchte. "Für mich war das eine spirituelle Verbindung", erklärt sie ihre Trauer. "Als Prince gestorben ist, konnte ich nicht mehr arbeiten." Erst nach etwa sechs Monaten habe sie es geschafft, wieder Musik von Prince zu hören. "Aber es tut immer noch weh."

Paisley Park ist für Fans aus aller Welt ein wichtiger Anlaufpunkt geworden – zum Trauern, Staunen, Lachen. Bereits unmittelbar nach der Todesnachricht sind viele nach Chanhassen gepilgert und haben Souvenirs an den Zaun gehängt, zahlreiche in Princes Lieblingsfarbe violett.

Der extravagante Stil des Künstlers prägt auch das Innere des Gebäudes. Die Öffnung von Paisley Park als Museum bereitete keine Schwierigkeiten: "Man sieht sehr deutlich, dass Prince genau das selber schon im Kopf hatte", erklärt Mitch. Lebensgroße Fotografien säumen die Wände, Musikpreise sind säuberlich angeordnet.

Zu besuchen sind heute die Musikstudios, außerdem eigens eingerichtete Ausstellungsräume, etwa zum Megahit "Purple Rain". Tabu sind jedoch die oberen Räume: "Wir respektieren die Wünsche von Prince", erklärt Mitch. Dazu gehört: kein Besuch in den Privaträumen im zweiten Stock, aus denen die Ermittlungsberichte erzählen. Fotografieren ist verboten, in der hauseigenen Bar gibt es keinen Alkohol und nur veganes Essen.

Die Eindrücke sind dadurch hochpersönlich: Ein handgeschriebener Songtext von 1977 etwa zeigt, wie sauber der Paradiesvogel geschrieben hat. Im Büro stehen Familienfotos. "Wir haben alles gelassen, wie es war – nur ein bisschen aufgeräumt."

Unveröffentlichte Jazz-Klänge

Viele Fans bringt Mitch mit seiner Tour wieder zum Lachen. "Willkommen in Studio A", begrüßt er fröhlich jeden einzelnen Besucher der Tour. Studio A ist das Herz von Princes Aufnahmetätigkeit, Alben wie Lovesexy (1988), Batman (1989) oder Diamonds and Pearls (1991) sind hier aufgenommen worden. Auch Sänger wie Stevie Wonder oder Madonna sangen hier Lieder ein.

Heute hören Fans in Studio A etwas Besonderes: unveröffentlichtes Material aus dem Nachlass des Paradiesvogels, das ungewohnt jazzig klingt. "Das", betont Mitch mit Nachdruck, "wäre sein 40. Album gewesen."

Paisley Park

» Auf 65.000 Quadratmetern vereinte Musiker Prince im US-Staat Minnesota privates Zuhause und Tonstudio. Der Bau wurde 1987 fertiggestellt.

» Seit Oktober 2016 ist das Anwesen für Besucher geöffnet. Nach dem Tod von Prince hat die Firma Graceland Holdings, die auch Elvis Presleys Anwesen Graceland seit 1982 verwaltet, die Touren konzipiert.

» Tickets gibt es ab 38,50 Dollar. Die Tour muss im Vorfeld im Internet gebucht werden, Fotografieren ist verboten.

Weitere Infos und Tickets unter: https://officialpaisleypark.com

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