Doping

Vom Kavaliersdelikt zur Straftat?

Wie sollen Dopingsünder verfolgt werden? Mit dem Strafrecht ist ihnen bislang nicht beizukommen. Experten fordern einen Tatbestand im Strafrecht - und Hilfe für den Wiedereinstieg.

Von Robert Büssow Veröffentlicht:
Neue Analysemethoden können auf die Spur von Doping führen - doch oft wird das Analysesystem nicht ganz ausgenutzt, beklagen Experten.

Neue Analysemethoden können auf die Spur von Doping führen - doch oft wird das Analysesystem nicht ganz ausgenutzt, beklagen Experten.

© INSADCO/ imago-sportfotodienst

ERFURT. Doping wird zwar im Sport geahndet, gilt vor der Justiz allerdings bisher als Kavaliersdelikt. "Sportbetrug ist in Deutschland noch immer strafrechtlich irrelevant. Ich denke, das ist vielen Menschen gar nicht bewusst", sagte Thüringens Justizminister Holger Poppenhäger (SPD) auf einem Doping-Symposium in Erfurt.

Auf der Justizminister-Konferenz setze er sich deshalb für ein Anti-Doping-Gesetz ein. Er sehe gute Chancen für eine Ländermehrheit. Man müsse vorher allerdings klar definieren, was Doping ist und für wen das Gesetz gelten soll.

Als "wirklich gutes Fundament" bezeichnete Marius Breucker, ständiger Vertreter der World Anti Doping Agentur (WADA), den vorhandenen Code der Wada. "Wir haben aber ein Problem, die wahren Sünder zu entdecken. Zu oft finden wir nur die Unachtsamen und nicht die systematischen Doper."

Er warnte davor, Sportler generell per Gesetz zu kriminalisieren. "Die Strafe soll nur diejenigen treffen, die sich auf Kosten anderer einen wirtschaftlichen Vorteil mit unlauteren Mitteln verschaffen, sprich Berufssportler und nicht narzisstisch veranlagte Bodybuilder."

Hochrangige Unterstützung für ein Gesetz kommt auch von Heiko Striegel, Rechtsexperte der Nationalen Anti-Doping Agentur NADA und Mannschaftsarzt des VfB Stuttgart.

"Wenn ein Sportler zwei Jahre gesperrt ist, begibt er sich anschließend wieder zum gleichen Trainer, in das gleiche Umfeld. Hier ist staatliche Hilfe gefragt, so ein Doping-Netzwerk zu durchleuchten und zu zerstören." Striegel forderte nach bayerischem Vorbild auf Doping spezialisierte Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften.

System besser ausnutzen

Vorbehalte äußerte hingegen Hans Geyer, stellvertretender Leiter des bei der WADA akkreditierten Dopinglabors in Köln: "Wir nutzen das vorhandene System noch nicht genug aus. Die Langzeitlagerung fast gar nicht. Es werden nur ganz wenige Proben nachanalysiert, dabei ist das eines unserer stärksten Werkzeuge. Seit der Olympiade in Peking wurden so viele neue Analysemethoden entwickelt, dass wir sicher sind, dass wir fündig werden würden."

Geyer kritisierte auch, dass der Deutsche Fußballbund seine eigenen Kontrolleure kontrollieren lasse. Dies sei ein "möglicher Interessenkonflikt".

Rainer Brechtken, Vorsitzender der Spitzenverbände im Deutschen Olympischen Sportbund, begrüßt eine gesetzliche Regelung, sofern sie das Sportrecht nicht behindere. "Der Sport kann mitunter sehr schnell handeln: verbotene Substanz, Sperre, Ende."

Sobald ein Athlet jedoch strafrechtlich als Beschuldigter verfolgt werde, sei es womöglich schwierig ihn aus dem Verkehr zu ziehen.

Brechtken wehrt sich gegen Kritik, ein Doping-Gesetz sei nur international sinnvoll: "Wir haben unser nationales Kontrollsystem optimal aufzustellen, auch wenn wir dadurch international vielleicht einen Wettbewerbsnachteil haben."

Laut Hans Geyer werden in Deutschland etwa 6000 bis 8000 Athleten kontrolliert, in den USA seien es nur 4000 bis 6000. Während es allein in Deutschland drei hochmoderne Labore gebe, seien es in ganz Afrika nur zwei. Geyer: "Wir haben ein Ungleichgewicht der Aktivitäten weltweit."

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