100 Gulden -  davon konnten Mediziner nur träumen

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GIEßEN (Smi). Vor 400 Jahren konnten Ärzte von jenem Ansehen, das sie heute genießen, nur träumen. Augenfällig wird das, wenn man die Bezahlung der Hochschullehrer verschiedener Fakultäten miteinander vergleicht.

Reisemikroskop, für die "Pestexpedition" nach Indien.

Reisemikroskop, für die "Pestexpedition" nach Indien.

© Foto: smi

So erhielt der ranghöchste Ordinarius der Gießener Juristen 1608 ein Jahressalär von 100 Gulden. Professor Joseph Lautenbach, Medizindozent und zugleich Rektor seiner Fakultät, musste sich hingegen mit 66 Gulden zufriedengeben. Das ist nur eines von vielen interessanten Details der Ausstellung "Professoren, Patienten, Studenten - Die Medizinische Fakultät der Universität Gießen seit 1607", die noch bis zum 25. November im Gebäude der Neuen Chirurgie zu sehen ist.

Erstmals wird auch das dunkelste Kapitel in der vierhundertjährigen Geschichte der Gießener Medizin beleuchtet. An der Fakultät waren nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten besonders viele NSDAP-Mitglieder aktiv. Anhand von Schautafeln mit Kurzdarstellungen und zeithistorischen Dokumenten wird deutlich, wie rasch sich der Siegeszug von Eugenik und Rassenhygiene vollzog, was sich unter anderem in der Gründung des "Instituts für Erb- und Rassenpflege" manifestierte. Ein Student berichtet in einem Artikel über die Schikanen, die Juden an der Medizinischen Fakultät auszuhalten hatten. Schließlich fällt in diese Zeit auch die Forschung an biologischen Kampfstoffen, an der Gießener Mediziner maßgeblich beteiligt waren.

Die Zeit der NS-Diktatur hat Dr. Sigrid Oehler-Klein vom Institut für Geschichte der Medizin unter die Lupe genommen. Ihre Kollegin Dr. Ulrike Enke hat sich, wie sie im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" erklärt, der "anderen 388 Jahre angenommen". Zum Beispiel die so genannte "Pestexpedition", die den Robert-Koch-Schüler Professor Georg Gaffky, damals Leiter des Fachbereichs Hygiene, gemeinsam mit Kollegen 1897 nach Indien führte. Dort erbrachte man erstmals einen lückenlosen Nachweis der Infektionskette.

Ein weiteres Kapitel der Ausstellung widmet sich der weltweit ersten Blutauswaschung 1924 durch den Gießener Internisten Professor Georg Haas - ein Modell seiner künstlichen Niere kann im unteren Foyer der Neuen Chirurgie bestaunt werden. In der Ausstellung gewürdigt werden auch die Verdienste von Professor Ferdinand von Ritgen, der als einer der ersten deutschen Hochschullehrer im 19. Jahrhundert eine Geburtshelferschule gründete und ob seiner Leistungen in den erblichen Adelsstand erhoben wurde.

Die Ausstellung ist noch bis zum 25. November in den Foyers der Neuen Chirurgie, Rudolf-Buchheim-Straße 7, zu sehen. Öffnungszeiten: 10 - 18 Uhr, Führungen nach Vereinbarung (Tel. 06 41 / 99 - 4 77 01).

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