Geh zum Adi, der wird's schon richten

NEU-ISENBURG (eb/fuh). Sepp Herberger hat ihn einst entdeckt, Franz Beckenbauer hat ihn groß gemacht: Masseur Adolf Katzenmeier, inzwischen 72 Jahre alt, ist das Urgestein der Fußball-Nationalmannschaft, er sorgt mit dafür, dass die deutschen Kicker bei der Fußball-EM möglichst fit auflaufen können.

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Endspielort Wien - Ziel aller Träume: Adolf Katzenmeier (Mitte), Coach Joachim Löw (links) und Bastian Schweinsteiger.

Endspielort Wien - Ziel aller Träume: Adolf Katzenmeier (Mitte), Coach Joachim Löw (links) und Bastian Schweinsteiger.

© Foto: dpa

Adolf Katzenmeier hat in seiner langen Berufskarriere viel erlebt. Er war dabei, als Gerd Müller 1974 zum entscheidenden 2:1 im Weltmeisterschaftsendspiel gegen die Niederlande traf, er feierte mit Teamchef Franz Beckenbauer den WM-Titel 1990 gegen Argentinien, er hat viele erfolgreiche Turniere der Deutschen erlebt, aber auch Meisterschaften, die katastrophal endeten. Seine bisherige Bilanz: Sieben Weltmeisterschaften, einmal Olympische Spiele.

In Österreich und in der Schweiz ist er jetzt zum achten Mal bei Europameisterschaften im Einsatz. Gern will er auf der Tribüne sitzen, wenn das DFB-Team mit etwas Glück am Sonntag zum Endspiel um die Fußball-Europameisterschaft in Wien auflaufen sollte. Auf der Tribüne - denn vorne auf der Trainerbank will der Adi nicht mehr sitzen. "Da gehören jüngere Kollegen hin", sagt der Mann, den ganze Kickergenerationen schlicht "den Adi" nennen.

Er knetete die Muskeln von Fritz Walter und Lothar Matthäus

Adolf Katzenmeier (2.v.r) hilft Marcell Jansen (M.) auf die Beine.

Adolf Katzenmeier (2.v.r) hilft Marcell Jansen (M.) auf die Beine.

© Foto: dpa

Er knetete bereits die Muskeln von Ehrenspielführer Fritz Walter bis über Franz Beckenbauer bis Lothar Matthäus. Auch Jürgen Klinsmanns eingeölter Körper flutschte schon durch die heilenden Hände des Hessen. "Ich will so lange arbeiten, wie der liebe Gott mich lässt. So lange verlängere ich mit Handschlag", sagt er. Nur die Weltmeisterschaft 1998 hat Katzenmeier wegen einer Operation verpasst. "Mit 80 möchte ich aber auf keinen Fall mehr auf den Platz laufen", stellt er klar. "Ich muss nicht mehr mit Doktor Müller-Wohlfahrt um die Wette rennen." Begonnen hat seine lange Karriere 1963 mit "Herberger, dem schlauen Fuchs", wie Katzenmeier den Alt-Bundestrainer nennt.

Eine Salbe sollte er ins Trainingslager der Nationalmannschaft bringen, nach einem Gespräch legte der große Fußball-Lehrer väterlich seinen Arm um den schmächtigen Mann mit den kräftigen Händen und fragte: "Junge, willst du nicht zum DFB kommen?"

Acht von neun Bundestrainern erlebte Katzenmeier, nur dem bis 1936 amtierenden Otto Nerz ist er beim DFB nicht begegnet. Beckenbauer persönlich hatte 1974 eine zweite ständige Massage-Kraft neben Erich Deuser eingefordert - die Wahl fiel auf "den Adi", der zuvor alle möglichen Auswahl-Teams des Verbandes betreut hatte. "Die Tickets waren schon gebucht, in Hamburg stand ein Mercedes bereit und hat mich nach Malente ins Mannschaftsquartier gefahren. Dann sind wir Weltmeister geworden."

In den vielen Jahren gingen die verschiedensten Typen von Nationalspielern bei Katzenmeier ein und aus. Jürgen Klinsmann hat den Masseur einmal als "Vater der Nationalmannschaft" bezeichnet.

Nicht nur Muskeln, auch die Zunge wurde und wird bei Katzenmeier gelockert. "Die Spieler wissen aber, dass ich nichts weiter trage", sagt der Physiotherapeut. Was er erzählt, sind denn auch Anekdoten, mit denen er garantiert niemandem nachträglich auf den Schlips tritt.

Poldi und Basti hören gespannt zu

Vor allem Jungspunde wie Marcell Jansen, Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski wollen die Geschichten von damals hören. "Adi, erzähl mal", lauten die Code-Worte, wenn sie sich auf der Bank lang gemacht haben. 1992 hat er bei der Europameisterschaft Guido Buchwald die Zunge aus dem Rachen gezogen, die der Nationalspieler nach einem Sturz bei einem Zweikampf verschluckt hatte. Katzenmeier erkannte die Situation, reagierte blitzschnell und wurde zum Lebensretter.

"Wir sind ein Rad in der Kette, jeder versucht das Beste zu geben", sagt der kleine Mann mit den grauen Haaren, dessen Leben im Zeichen der Massage steht. Katzenmeier leitet in Frankurt das "Physikalische Zentrum" des DFB. Von seinen unendlichen Erfahrungen als Physiotherapeut profitieren längst nicht nur Spitzensportler. Er behandelt genau so engagiert den GKV-Patienten von nebenan.

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