Mit Stichtag 1. Oktober 1988 startete die papierlose Praxis

Gute Dokumentation, das hieß vor Einführung des PC in den Praxen oft doppelte Schreibarbeit. Für Dr. Peter Schlüter aus Hemsbach änderte sich das 1988. Er beschreibt selbst, was das bedeutete.

Veröffentlicht:
Bilder aus der Frühzeit der Praxis-EDV. Der Weg zur grafischen Nutzeroberfläche im iPad-Format war noch weit.

Bilder aus der Frühzeit der Praxis-EDV. Der Weg zur grafischen Nutzeroberfläche im iPad-Format war noch weit.

© IBM, MCS (2)

Hemsbach, Bergstraße 1988. In den 1980er Jahren war die Arbeit mit Computern in Arztpraxen noch etwas Besonderes. So war bei der Praxisübernahme von einem damals 68-jährigen Kollegen 1982 noch nicht daran zu denken, eine Praxis-EDV einzuführen.

Die Folge: Arzthelferinnen an der Anmeldung waren hauptsächlich damit beschäftigt zu schreiben: Rezepte, Überweisungen, Krankschreibungen - fast alles wurde zweimal geschrieben.

Medikamente, die verordnet wurden, mussten in die Karteikarte eingetragen werden, Überweisungen wurden mit Durchschlag geschrieben, mit Pauspapier auf eine zweite Überweisung, die zur Dokumentation in die Ablage kam. Von AU-Bescheinigungen gab es einen Eintrag in die Karteikarte.

Und die Abrechnung! Leistungsziffern - damals noch Einzelleistungen! - kamen in die Karteikarte und wurden dann auf die Krankenscheinrückseite übertragen. Alle Bescheinigungen und Atteste, Gutachten und ähnliches, auch Sonografiebefunde wurden mit der Schreibmaschine mit Durchschlag geschrieben.

Da war dann 1984 die erste IBM-Kugelkopfschreibmaschine mit Speicherkarte schon eine Erleichterung. Die immer wiederkehrenden Texte konnten so gespeichert und wieder abgerufen werden. Nun mussten aber die Speicherkarten entsprechend gekennzeichnet und archiviert werden.

Schnell kam in mir der Wunsch nach einem Praxis-PC auf, nachdem die ersten Rechner aus der Klinik bekannt waren. 1988 fiel dann die Entscheidung.

Zum 4. Quartal, Stichtag 1. Oktober 1988 begann für uns das Zeitalter der papierlosen Praxis. Fast papierlos, denn wir waren ziemlich die ersten, die mit PC arbeiteten.

Doch nicht nur für uns, auch für unsere Patienten begann das PC-Zeitalter. Für die meisten kam das viel zu früh. Häufige Reaktionen damals: "Der Doktor hat nur noch Zeit für seinen Computer", "Der Doktor schaut nur noch auf den Bildschirm", "Der Doktor schreibt ständig auf der Tastatur".

Aber war das wirklich so anders als vorher? Vorher habe ich auf die Karteikarte geschaut, Befunde gelesen und alles Wichtige in die Karteikarte geschrieben, immer den Blick auf den Schreibtisch gerichtet.

Klar, damals lief alles noch auf der "DOS-Ebene", schwarz-weiß, keine "Fenster". Noch eingeschränkte Textverarbeitung, aber alles war gut dokumentiert, nichts musste mehr wegsortiert und geordnet werden.

Die Entwicklung ging weiter: Im Startquartal benötigten wir die Karteikarten nur noch zum Übertrag der wichtigsten Patientendaten und zur Aufbewahrung der Krankenscheine. Zunächst waren die Leistungsnummern auch noch auf die Scheine zu übertragen.

Dann kamen die Krankenscheinrückseiten, die auf Endlospapier zu bedrucken waren und danach auf die Krankenscheine geklebt wurden. Die ersten Diskettenabrechnungen folgten, dann die Abrechnung auf CD.

Jetzt rechnen wir in Kürze online ab. Welch eine Erleichterung! (Dr. Dr. Peter Schlüter)

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen