Heftiges Ringen um die Vereinigung

Die Feierlaune ist vorbei, die DDR geht unter, ziemlich radikal. Die Bürger der DDR wollen Tempo sehen, blühende Landschaften. Das geht nur zu westdeutschen Konditionen. Und das gilt auch für das Gesundheitswesen.

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Bonn/Berlin, im Sommer und Herbst 1990. Bundestag und Volkskammer beschließen am 20. September 1990 den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes für den 3. Oktober.

Recht der DDR wird außer Kraft gesetzt, das Recht der Bundesrepublik gilt - mit Modifikationen - gesamtdeutsch.

Bis zuletzt wird um die Modalitäten der Vereinigung gestritten, vor allem auch um die Organisation und Struktur des Gesundheitswesens.

Es ist nicht nur ein Streit zwischen West und Ost darüber, ob Elemente des DDR-Gesundheitssystems erhalten bleiben sollen - es ist vielmehr auch ein Machtkampf der unterschiedlichen Interessengruppen im Gesundheitswesen der alten Bundesrepublik.

Eine der Kernfragen war, ob auch in den östlichen Bundesländern freiberuflich niedergelassene Ärzte das Rückgrat der Versorgung darstellen sollten. Dafür positionierten sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung und vor allem der Hartmannbund.

Sie sahen sich bestätigt in der teils massiven Kritik der DDR-Ärzte an den staatlichen Polikliniken und Ambulatorien. Ein Teil der Ärzte in der DDR artikulierte sich allerdings auch differenzierter.

Keine Chance für die Einheitskasse

Jedenfalls sollte dafür gesorgt werden, dass alte Strukturen keine Vorteile mehr haben. Dazu ein klares Wort von Bundesarbeitsminister Norbert Blüm: "Die freiwillige Niederlassung hat jetzt Vorfahrt."

Zweiter Punkt war die Rolle der KVen. Die Krankenkassen sahen die Chance, über neue Modalitäten im Einigungsvertrag den Sicherstellungsauftrag der KVen aufzubohren. Damit konnten sich die Kassen nicht durchsetzen.

In letzter Minute, in der Nacht zum 3. Oktober, einigten sich Krankenkassen und KBV auf einen Honorarvertrag für die neuen Länder: Punktwert 6,1 Pfennig, Sonderregelungen für Polikliniken mit Fallpauschalen.

Außerdem: 20 Prozent Ausgabenanteil für die ambulante Versorgung, Honorarabschlag für ärztliche Leistungen, die Bürger der neuen Länder im Westen in Anspruch nahmen.

Dritter Streitpunkt war der Versuch der AOK, eine Vormachtstellung in den neuen Ländern zu erreichen und damit das gegliederte System zu verhindern. Auf DDR-Seite fand man die Idee einer Einheitskasse sympathisch - sie war aber nicht durchsetzbar.

Eines war nicht mehr strittig: ab dem 1. Januar 1991 hatten Bürger der ehemaligen DDR den gleichen Leistungsanspruch. Ein Kraftakt begann mit einem nie da gewesenen Einsatz an Arbeit und Investitionen. (HL)

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