Land unter in Ost- und Norddeutschland

Es ist eine Jahrhundertflut, die Mitte August 2002 gigantische Schäden vor allem in Sachsen anrichtet. Mehr als 20 Menschen verlieren ihr Leben. Die Wassermassen zerstören auch 30 Arztpraxen vollständig.

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Blick in den vom Elbe-Hochwasser überfluteten Innenhof des Dresdner Zwingers.

Blick in den vom Elbe-Hochwasser überfluteten Innenhof des Dresdner Zwingers.

© dpa

August 2002. Die Menschen an der Elbe und ihren Nebenflüssen sind verzweifelt. Wassermassen überfluten Straßenzüge, reißen Brücken mit, dringen in Häuser ein, schieben sich durch den Dresdner Hauptbahnhof sowie die Semperoper und ruinieren Arztpraxen und Teile von Krankenhäusern.

Ausgelöst wurden die Überflutungen durch außergewöhnlich lange und starke Regenfälle, so dass der Boden an vielen Orten die Wassermassen nicht mehr aufnehmen kann.

Nach und nach treten zunächst in Süddeutschland Flüsse über die Ufer, aber am verheerendsten wirken sich die Niederschläge rund um die Elbe aus. In Sachsen sterben 21 Menschen in den Fluten.

Große Spendenbereitschaft

Die Not ist groß, aber es wird schnell klar, die Ärzte lassen sich nicht unterkriegen. Sie improvisieren, halten Sprechstunden an Campingtischen und auf Klappstühlen ab. Versuchen in Windeseile ihre Praxen wieder funktionsfähig zu machen.

So nimmt zum Beispiel das Uniklinikum Dresden drei Tage nach dem Höchststand der Elbe-Flutwelle - die zu einer Evakuierung geführt hatte - schon wieder die ersten Patienten auf.

Eine radiologische Gemeinschaftspraxis in der sächsischen Landeshauptstadt, deren Gerätepark während des Hochwassers vom 14. bis zum 17. August vollständig vernichtet worden war, kann bereits Anfang Oktober wieder das komplette Diagnostikspektrum anbieten.

Allerdings hatten Verhandlungen mit Versicherungen gezeigt, dass diese nur weniger als 50 Prozent des Schadens abdecken würden.

Der Schaden an Technik, Einbauten und Gebäuden liegt allein in dieser Praxis bei etwa sechs Millionen Euro.

Hilfen aus den Sonderprogrammen von Bund und Land lassen anfangs auf sich warten, und die entsprechenden Anträge sind nur mit Hilfe von Steuerberater und Bank auszufüllen. Allerdings stellen Pharmafirmen Spenden von je einer Million Euro zur Verfügung.

Zudem ist die Spendenbereitschaft der Kollegen groß. Bereits Anfang September hat der Hartmannbund 700.000 Euro für betroffene Ärzte gesammelt.

Schröder in Gummistiefeln

Insgesamt wurden allein in Sachsen mehr als 30 Praxen von den Fluten zerstört, über 200 weitere waren stark beschädigt, zudem standen 15 Krankenhäuser unter Wasser und mussten zum Teil oder auch komplett evakuiert werden.

Einer aber nutzt die Flut für sich: Bundeskanzler Gerhard Schröder, dem zu diesem Zeitpunkt für die Bundestagswahl am 22. September ein Debakel prophezeit wird. Schröder zieht Gummistiefel an, präsentiert sich auf Sandsäcken an der Elbe als Krisenmanager.

"Auf der Flutwelle schwimmend konnte der Regierungschef Punkte im Wahlkampf gutmachen", schrieb stern.de.

Wochenlang hatte Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber mit dem Thema Wirtschaftsflaute die Nase - die Sorgen der von Flutkatastrophe geplagten Bürger verpasste er. Bei der Wahl liegt die SPD mit 6000 Stimmen über der Union.

Die Flut-Katastrophe und vor allem die Selbsthilfe unter Ärzten wird zum großen Sonderthema der "Ärzte Zeitung". Die Redaktion wird dafür mit dem "European Newspaper Award 2002" ausgezeichnet. (chb)

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